Im Land von Sancho Pansa und Don Quijote -
„Alles wird offen ausgeplaudert. Nicht getuschelt, sondern lautstark und gestenreich an den Mann/ Frau gebracht.
Ob die Oma gestern gestürzt, die kleine Amanda Steine geschluckt oder der Hund wieder in die Wohnung gepinkelt hat.
Die Macht des Wortes spielt in Spanien eine wesentlich größere Rolle in der Unterhaltung. Der Mitteilungsdrang wird unbewusst zur Informationsquelle und zur laufenden Wandzeitung.
Viele belanglose und fast schon intime Dinge werden völlig offen und unbefangen dem gegenüber um die Ohren geschlagen. Ob er es hören will oder nicht spielt dabei keine Rolle – er muss es sich anhören und seinen Senf dazu geben.
Je weiter sich die spanische Region nach Süden verlagert, desto heftiger. Wer Andalusien schon als Hochburg betrachtet, wird auf den Kanaren noch eines besseren belehrt. Im geografisch engen Inselbereich funktioniert die Buschtrommel wie ein Internet.
Episoden aus dem Supermarkt
Selbst der kleinste Einkauf auf La Palma in einem Geschäft um die Ecke wird zum Erlebnis. So sieht man sich in der Schlange der Supermarktkasse bisweilen zwischen Vorder- und Hintermann eingezwängt wie in einer Ölsardinenbüchse. Über die Schulter hinweg entwickelt sich lautstark ein Gespräch dem man in dem engen Gang nicht entweichen kann. Das mit diskutieren und das mit bedauern wird erwartet.
„Wenn schon wieder am 25. des Monats das Bankkonto leergefegt ist und die Lebensmittelvorräte aufgebraucht sind. Carlos darf jetzt Abends nicht mehr in die Bar. Für einen Garbanzo-Eintopf würde es aber gerade noch reichen. Damit muss die Familie jetzt auch zufrieden sein“.
Was soll man dazu noch sagen …Privatsphäre oder Geheimnisse gibt es zumindest auf den Kanarischen Inseln nicht. Wenn sich noch die Kassiererin beteiligt, kommt der ganze Laden zum Stillstand. Hat sich das Thema nach unendlichen Minuten dann ausdiskutiert, kommt der betrachtenswerte Zahlvorgang. Am Ende des Monats oft ein langwieriger Prozess. Die erste Kreditkarte kann nicht und die zweite nachgereichte Karte will auch nicht. Dann wird aus den tiefsten Versenkungen der Einkaufstasche erst einmal das Portemonnaie heraus gekramt und geflissentlich in harter Münze Cent für Cent passend auf dem Tresen präsentiert.
„Zwei Centimos fehlen noch – kann eigentlich gar nicht sein? …und nach nochmaligem nachzählen wird es auch nicht mehr“. Schnell aus dem eigenen Geldbeutel die noch fehlende Münze in den Ring geworfen, damit der Zahlvorgang sich nicht noch zu einer unendlichen Geschichte ausweitet.
Das ist Spanien und das ist La Palma. Alles noch ausdrucksstark mit wedelnden Armen untermauert.
Viel Larifari bereits bei einem normalen Einkauf zu erleben. Die Palmeros sagen auch „viel“, indem sie die Finger strecken und den Daumen mehrmals gegen die Innenfläche ihrer Hand schnellen lassen. Unbewusste Handbewegungen die viel zu ihrem derzeitigen Gemütszustand aussagen.
Durch die Blume sprechen
Die andere Art der Kommunikation macht dagegen generell Umwege. Viele freundliche Worte und doch keine Antwort. Durch die Blume sprechen und sich in Andeutungen und Umschreibungen ergötzen. Nach 10 Minuten ist die Antwort immer noch ein großes Fragezeichen. Die direkte Art der Deutschen wird als unhöflich empfunden.
Geduldig zuhören ob eine oder zwei Chilli in die Potaje (Gemüseeintopf) gehören oder ob es noch zeitgemäß ist, wenn sich die Frau die Haare färbt oder doch besser „Natural“ mit zusammen gebundenem Haar das Haus verlässt. Jede Diskussion beginnt zunächst mit Floskeln und vermeintlich Unwichtigem, um nach vielen Sätzen und noch mehr Zeit zum Ziel zu gelangen.
Jeder Mensch macht Lärm. Die Canarios sind aber Weltmeister. Sie führen mitten in der Nacht Gespräche und Diskussionen in voller Lautstärke auf der Straße oder sind bereits bei Sonnenaufgang am Sonntag mit der Motorsense im Garten unterwegs und das Erstaunliche ist: es stört niemand. Alles normal – wir sind in Spanien.
Relativ gediegen geht es dagegen in einem spanischen Restaurant zu. Ein kleines Beispiel:
Wer ein leeres Restaurant betritt und voller Vorfreude einen Tisch ansteuert, wird nichts anderes als verächtliche Blicke ernten. In Spanien wird gewartet, bis der Kellner einen mit dem nötigen Ernst an den geeigneten Platz führt. Welcher das ist, entscheidet der Kellner.
Trotz der spanischen Redseligkeit geht der Bezahlvorgang im Restaurant völlig lautlos vonstatten. Der Kellner bringt einen Teller mit der Rechnung und entfernt sich. Der Gast legt nun seinerseits das Geld auf den Teller und wartet, bis der Kellner diesen wieder abholt und mit dem Restgeld zurück bringt. Erst dann kommt das Trinkgeld zwischen fünf und zehn Prozent auf den Teller und damit ist der etwas komplizierte Vorgang abgeschlossen. Gewusst wie …so kann manche Peinlichkeit vermieden werden.“
Das ist ein kleiner Auszug aus meinem neuen Buch „Erfolgreich Auswandern“.
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