Migration auf den Kanaren: Spannungsfeld zwischen Einheimischen und Neuankömmlingen

Lazarote - Migration

Die Kanaren und La Palma: Ungehörte Stimmen in der Emigrationskrise -

Migra­ti­on: In den letz­ten Jah­ren hat sich die Situa­ti­on auf den Kana­ri­schen Inseln, ins­be­son­de­re auf El Hier­ro, Fuer­te­ven­tura und Lan­za­ro­te, dra­ma­tisch ver­än­dert. La Pal­ma und La Gome­ra blie­ben bis­lang weit­ge­hend ver­schont. Durch die Ver­tei­lung und Ver­sor­gung jugend­li­cher Migran­ten wird sich das aber in Kür­ze auch hier ändern.

Der Zustrom afri­ka­ni­scher Migran­ten aus Län­dern wie Marok­ko, Sene­gal und Mau­re­ta­ni­en hat die Regi­on vor immense Her­aus­for­de­run­gen gestellt. Die­se Migra­ti­on geschieht nicht auf­grund von Krie­gen oder poli­ti­schen Kon­flik­ten, son­dern meist oft aus wirt­schaft­li­cher Not und der Suche nach bes­se­ren Lebensbedingungen.

Die Kana­ren, als Tor zu Euro­pa, sind für vie­le Migran­ten ein ers­ter Anlauf­punkt auf ihrem Weg in ein bes­se­res Leben. Die Über­fahrt über das Meer ist gefähr­lich und oft mit gro­ßen Risi­ken ver­bun­den. Vie­le Men­schen set­zen ihr Leben aufs Spiel, um die Hoff­nung auf ein neu­es Leben zu ver­wirk­li­chen. Erst vor weni­gen Tagen ist ein Flücht­lings­boot vor El Hier­ro geken­tert und neun Afri­ka­ner ertrun­ken. 54 Migran­ten blei­ben wei­ter­hin vermisst.

Aktua­li­sie­rung: 30.09.24 – 15.00 Uhr – Drei Boo­te und zwei Hub­schrau­ber suchen am drit­ten Tag nach den 54 Men­schen, die in den frü­hen Mor­gen­stun­den des Sams­tags ver­schwan­den, als ein Kanu sie­ben Kilo­me­ter vor der Küs­te El Hier­ros ken­ter­te, und die Hoff­nung, wei­te­re Über­le­ben­de die­ses Schiff­bruchs zu fin­den, wird immer geringer.

Rettungsaktion

Doch wäh­rend die Zahl der ankom­men­den Migran­ten steigt, bleibt die Stim­me der Ein­hei­mi­schen in die­ser Debat­te weit­ge­hend unge­hört und es macht sich Unmut breit.

Kritischer Blick auf die Migrationsproblematik auf den Kanaren

Die Kana­ri­schen Inseln ste­hen vor einer wach­sen­den Her­aus­for­de­rung: Die anhal­ten­de Migra­ti­on von Men­schen, die in der Hoff­nung auf ein bes­se­res Leben nach Euro­pa kom­men, hat nicht nur huma­ni­tä­re, son­dern auch sozia­le und wirt­schaft­li­che Impli­ka­tio­nen. Inmit­ten die­ser kom­ple­xen Situa­ti­on lobt der Kana­ren­prä­si­dent die Hilfs­be­reit­schaft der Ein­woh­ner, die oft selbst eine Migra­ti­ons­ge­schich­te in ihrer Fami­lie haben. Die­se Soli­da­ri­tät ist zwei­fel­los bewun­derns­wert und zeugt von einem tie­fen Ver­ständ­nis für das Leid anderer.

Den­noch wirft die Aus­sa­ge über die „Gren­zen“ der Hilfs­be­reit­schaft Fra­gen auf. Wäh­rend vie­le Kana­ri­er aus eige­ner Erfah­rung wis­sen, was es bedeu­tet, sei­ne Hei­mat zu ver­las­sen, um in der Fer­ne ein neu­es Leben zu begin­nen, ist es wich­tig zu erken­nen, dass die­se Empa­thie nicht unbe­grenzt ist. Die klei­nen Inseln sind bereits mit Her­aus­for­de­run­gen wie begrenz­ten Res­sour­cen, Infra­struk­tur­pro­ble­men und einem fra­gi­len Arbeits­markt konfrontiert.

Die his­to­ri­sche Per­spek­ti­ve, dass vie­le Kana­ri­er im ver­gan­ge­nen Jahr­hun­dert auf­grund von Armut nach Mit­tel- und Süd­ame­ri­ka emi­grier­ten, soll­te uns dar­an erin­nern, dass Migra­ti­on oft aus Not­wen­dig­keit geschieht. Doch wäh­rend die Ver­gan­gen­heit uns lehrt, Mit­ge­fühl zu zei­gen, müs­sen wir auch rea­lis­tisch betrach­ten, wie sich die­se Situa­ti­on auf die loka­le Bevöl­ke­rung aus­wirkt. Die stei­gen­de Zahl von Migran­ten kann zu Span­nun­gen füh­ren und das sozia­le Gefü­ge belasten.

Die loka­le Infra­struk­tur wird durch den plötz­li­chen Anstieg der Bevöl­ke­rung belas­tet, und vie­le Ein­hei­mi­sche füh­len sich von den poli­ti­schen Ent­schei­dungs­trä­gern im Stich gelas­sen. Es gibt Beden­ken hin­sicht­lich der Inte­gra­ti­on der Neu­an­kömm­lin­ge sowie der Aus­wir­kun­gen auf die sozia­len Struk­tu­ren und die Wirt­schaft der Insel.

Die Dis­kus­si­on über Migra­ti­on soll­te nicht nur die Per­spek­ti­ve der Migran­ten betrach­ten, son­dern auch die Sor­gen und Bedürf­nis­se der ansäs­si­gen Bevöl­ke­rung ernst neh­men. Wie kön­nen wir sicher­stel­len, dass sowohl die Bedürf­nis­se der Migran­ten als auch die Anlie­gen der Ein­hei­mi­schen gehört wer­den? Wel­che Stra­te­gien kön­nen ent­wi­ckelt wer­den, um eine nach­hal­ti­ge Inte­gra­ti­on zu fördern?

Es ist ent­schei­dend, dass die Kana­ren in die­ser Debat­te Gehör fin­den. Eine offe­ne Dis­kus­si­on über Migra­ti­on muss alle Stim­men ein­be­zie­hen. Davon will die spa­ni­sche Zen­tral­re­gie­rung von Prä­si­dent Pedro Sán­chez nichts hören und lässt die Kana­ri­schen Inseln allein.

Wer profitiert von der Migrantenkrise?

Ins­ge­samt steht die Gesell­schaft auf den Kana­ren an einem Schei­de­weg: Wie viel Hil­fe kann geleis­tet wer­den, ohne dass die eige­ne Gemein­schaft lei­det? Es stellt sich die Fra­ge, wer davon pro­fi­tiert und welch poli­ti­sches Kal­kül viel­leicht dahin­ter steckt.

  1. Wirt­schaft­li­che Vor­tei­le: Migran­ten kön­nen zur wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung bei­tra­gen, indem sie Arbeits­kräf­te bereit­stel­len, ins­be­son­de­re in Sek­to­ren, die unter Fach­kräf­te­man­gel lei­den. Dies kann für Unter­neh­men und die Wirt­schaft ins­ge­samt von Vor­teil sein.
  2. Poli­ti­sche Unter­stüt­zung: In eini­gen Fäl­len kön­nen Poli­ti­ker durch die Unter­stüt­zung von Migran­ten oder deren Anlie­gen Wäh­ler­stim­men gewin­nen, spe­zi­ell in Regio­nen mit einer hohen Anzahl von Migran­ten oder einer posi­ti­ven Ein­stel­lung gegen­über Vielfalt.
  3. Sozia­le Pro­gram­me und Initia­ti­ven: NGOs und sozia­le Orga­ni­sa­tio­nen, die sich für die Rech­te von Migran­ten ein­set­zen, kön­nen durch ihre Arbeit För­der­mit­tel und Unter­stüt­zung erhal­ten. Dies kann auch dazu füh­ren, dass sie mehr Sicht­bar­keit und Ein­fluss in poli­ti­schen Dis­kus­sio­nen gewin­nen. Dies kann eine wich­ti­ge Ein­kom­mens­quel­le für NGOs sein.
  4. Kul­tu­rel­le Berei­che­rung: Die Ankunft von Migran­ten kann zu einer kul­tu­rel­len Diver­si­fi­zie­rung füh­ren, was für vie­le Gemein­schaf­ten als berei­chernd emp­fun­den wird. Poli­ti­ker könn­ten dies nut­zen, um ein posi­ti­ves Bild ihrer Regi­on zu fördern.
  5. Demo­gra­fi­sche Her­aus­for­de­run­gen: In vie­len Län­dern gibt es demo­gra­fi­sche Her­aus­for­de­run­gen wie eine altern­de Bevöl­ke­rung. Migran­ten kön­nen hel­fen, die­se Her­aus­for­de­run­gen zu mil­dern, indem sie jün­ge­re Arbeits­kräf­te bereitstellen.
  6. Dienst­leis­tun­gen für Migran­ten: Es gibt zahl­rei­che Unter­neh­men und Orga­ni­sa­tio­nen, die Dienst­leis­tun­gen für Migran­ten anbie­ten, wie z.B. Sprach­kur­se, Inte­gra­ti­ons­pro­gram­me, recht­li­che Bera­tung oder Woh­nungs­ver­mitt­lung. Die­se Dienst­leis­tun­gen kön­nen pro­fi­ta­bel sein.
  7. Immo­bi­li­en­markt: In Regio­nen mit einer hohen Anzahl von Migran­ten kann die Nach­fra­ge nach Wohn­raum stei­gen, was zu höhe­ren Mie­ten und Immo­bi­li­en­prei­sen füh­ren kann. Inves­to­ren und Ver­mie­ter kön­nen davon profitieren.
  8. Geo­po­li­ti­sche Inter­es­sen: Län­der ver­fol­gen oft ihre eige­nen geo­po­li­ti­schen Inter­es­sen, die nicht unbe­dingt mit der Sta­bi­li­tät ande­rer Regio­nen über­ein­stim­men müs­sen. In eini­gen Fäl­len könn­ten exter­ne Akteu­re ver­su­chen, poli­ti­sche Span­nun­gen zu schü­ren oder zu nut­zen, um ihre eige­nen stra­te­gi­schen Zie­le zu erreichen.
  9. Migra­ti­on als Werk­zeug: In bestimm­ten poli­ti­schen Dis­kur­sen wird Migra­ti­on manch­mal als Werk­zeug betrach­tet, um Druck auf ande­re Län­der aus­zu­üben oder um bestimm­te poli­ti­sche Agen­den vor­an­zu­trei­ben. Dies kann sowohl absicht­lich als auch unbe­ab­sich­tigt geschehen.
  10. Sicher­heits­be­den­ken: Eini­ge Län­der könn­ten besorgt sein über die Aus­wir­kun­gen von Migra­ti­on auf die Sicher­heit in der EU und könn­ten ver­su­chen, Ein­fluss zu neh­men, um ihre eige­nen Sicher­heits­in­ter­es­sen zu schüt­zen. Dies könn­te dazu füh­ren, dass sie sich in die Migra­ti­ons­po­li­tik der EU einmischen.
  11. Inter­ne poli­ti­sche Dyna­mi­ken: Poli­ti­sche Insta­bi­li­tät in der EU kann auch inter­ne Ursa­chen haben, wie wirt­schaft­li­che Ungleich­heit oder sozia­le Span­nun­gen. Exter­ne Akteu­re kön­nen die­se Dyna­mi­ken beob­ach­ten und dar­auf reagie­ren, aber sie sind nicht immer die Haupt­ur­sa­che für sol­che Probleme.

Das sind eini­ge Grün­de, war­um viel­leicht nicht mit ande­ren Mit­teln, die vor­han­den sind, der Zustrom abge­bremst oder gestoppt wird. Für ande­re Kri­sen­her­de wie Isra­el, Ukrai­ne, Mali oder Afgha­ni­stan sind und waren Mil­li­ar­den Euro vor­han­den. Auch fehl­te es hier nicht an der poli­ti­schen Pro­pa­gan­da, die Aus­ga­ben offi­zi­ell gut­zu­hei­ßen und zu rechtfertigen.

Ein klei­ner Gedan­ken­an­stoß zu der viel­leicht doch lös­ba­ren Migran­ten­schwem­me: Wie kön­nen wir als Gesell­schaft gemein­sam Stra­te­gien ent­wi­ckeln, die sowohl den Bedürf­nis­sen der ankom­men­den Men­schen gerecht wer­den als auch die Sor­gen und Her­aus­for­de­run­gen der ein­hei­mi­schen Bevöl­ke­rung ernst neh­men? Dei­ne Mei­nung dazu ist gefragt!

 

Wetter La Palma



La Palma

1 Kommentar zu "Migration auf den Kanaren: Spannungsfeld zwischen Einheimischen und Neuankömmlingen"

  1. Hal­lo , mei­ne Mei­nung aus der Per­spek­ti­ve in Deutsch­land: Es wird nicht unter­schie­den zwi­schen Asyl, Wirt­schafts­mi­gra­ti­on und ille­ga­ler Migra­ti­on. Das führt bei eini­gen Tei­len der Bevöl­ke­rung zu pau­scha­ler Ableh­nung aller Frem­den. Die Soli­da­ri­tät inner­halb der EU exis­tiert in die­sem Kon­text nicht mehr. Damit ist das Abkom­men von Dub­lin obso­let. Ich den­ke es muss lega­le Mög­lich­kei­ten zur Ein­wan­de­rung geben und gleich­zei­tig die Kon­se­quen­te Abwei­sung aller ille­ga­len Ein­rei­sen. Asyl ist ein ganz ande­res The­ma und immer indi­vi­du­ell. Und nicht zu ver­ges­sen; so lan­ge Euro­pa den afri­ka­ni­schen Kon­ti­nent nicht als gleich­be­rech­tigt in wirt­schaft­li­chen und han­dels­po­li­ti­schen Fra­gen betrach­tet wird das Wohl­stands­ge­fäl­le wei­ter­hin zu die­sen inhu­ma­nen Ver­hält­nis­sen führen.

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*