Zwei Heimaten, eine Gegenwart – Von TBB nach La Palma -
Dort, wo ich geboren bin, liegt Tauberbischofsheim – liebevoll auch TBB oder Bischeme genannt – in Tauberfranken, im nördlichsten Zipfel von Baden-Württemberg, nahe Würzburg.
Die Stadt war der erste Ort, an dem ich mir die Welt zu eigen machte: Straßen, Häuser, Gerüche, die sich wie ein Band um meinen Alltag legten. Die Martinsgasse 1, eine Enge von Geschichten, war der Ort, an dem sich erste Schritte und erste Träume kreuzten. Morgens hörte ich die Glocke der Martinskirche, sah das Treiben und Gemache der Druckerei Schnaufer gegenüber, roch frisches Brot, das aus der Bäckerei vorn von der Hauptstraße in die enge Gasse zog.

Martinsgasse 1
Die Kindheit in TBB

Martinsgasse mit Blick auf die Stadtkirche
Es sind kleine, scheinbar unscheinbare Augenblicke, doch sie verbinden mich mit einer Heimat, die weiter in mir bezaubert, auch wenn der Blick heute anderswohin fällt. Die Nachbarschaft schenkte Rituale des Alltags, die Wärme gemeinsamer Momente und das stille Vertrauen, das in einer engen Gasse wächst.
Der Bruch und die Reise
In den dreißig Jahren seit meiner Abreise hat sich mein Blick gewandelt: Von Tauberbischofsheim zog es mich hinaus, zuerst in die 30 Kilometer entfernte „Großstadt“ Würzburg, später auf die Insel La Palma. Dort lernte ich, dass Wurzeln nicht neutral bleiben, sondern sich in einer neuen Landschaft weiterentwickeln.
Der Meeresduft, die salzige Luft, das leise Rascheln der Palmenblätter – all das formt eine Gegenwart, die friedlicher wirkt als die täglichen Anforderungen früherer Tage. Gleichzeitig bleibt ein inneres Gedächtnis, das mich an die Wärme der Nachbarschaft erinnert, an die Rituale des Alltags in TBB, an die kleinen Gesten, die Nachbarn füreinander hatten.
Die Brücke zwischen Welten
Was bleibt, ist eine Brücke zwischen zwei Welten. Die Fotos, die ich mir vorstelle, sollen diese Verbindung sichtbar machen: ein stiller Straßenzug in TBB, die Martinsgasse in ihrer vertrauten Enge, La Palma mit dem Blick aufs Meer, der Himmel über dem Vulkan, Hände, die eine Karte halten oder eine vertraute Pose zeigen. Nicht als Belege einer Identität, sondern als Zeugen einer Reise: von der Heimatstadt an die Küste einer anderen Welt, mit Demut, Neugier und Dankbarkeit.
Gedanken
Diese beiden Orte formen gemeinsam den Sinn meiner Gegenwart; sie erinnern daran, dass Herkunft kein Stillstand, sondern eine Quelle ist, aus der ich weiter schöpfe. Wenn ich heute durch Santa Cruz de La Palma gehe oder in Gedanken in TBB eine Straßenecke betrachte, spüre ich dieselbe Grundmelodie: Wurzeln, die wachsen; Träume, die neue Formen finden; ein Mensch, der gelernt hat, zwei Heimaten in sich zu tragen.
Alte Tugenden bleiben lebenslang, neue Formen ergänzen sie: Neugier, Mitgefühl und Verbundenheit führen mich weiter, ohne die Wurzel zu verlieren.
- Warum ich das hier erzähle: Weil es mir ein inniges Bedürfnis ist, Eindrücke festzuhalten und zu teilen — vermutlich fühlen sich viele Leserinnen und Leser sowie Bewohnerinnen und Bewohner ähnlich. Das habe ich bereits in meinem Buch „Soll ich Auswandern – Schnauze voll“ ausführlich behandelt.


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