Aus der Vergangenheit lernen -
Droht nach dem verheerenden Feuerinferno auf La Palma nun die nächste Katastrophe?
Kaum ist das Flammenmeer gelöscht und die letzten Glutnester erloschen, bangen viele Bewohner von Tigalate, Montes de Luna, Fuencaliente und Jedey im Südwesten von #La Palma vor den kommenden Wintermonaten.
Fast 5000 Hektar Busch und Wald sind im Süden abgebrannt. Nicht nur Kanarische Kiefer, Eukalyptus oder hohes Gebüsch, sondern auch das schützende Unterholz.
Schlechte Erfahrungen sind noch von dem Feuerinferno aus der jüngsten Vergangenheit in Erinnerung geblieben. Nach dem großen Brand vom Sommer 2009 haben starke Regenfällen weiträumig Wasser- und Schlamm-Lawinen ausgelöst. Ganze Berg- und Geländeteile sind damals abgerutscht und haben Teile und Brücken der Verbindungsstraße in die Tiefe gerissen. Über mehrere Monate war die einzige Verbindungsstraße auf der Westseite nicht befahrbar. Die materiellen Schäden waren mindestens genauso groß wie die Feuersbrunst selbst.
Die umfangreichen Reparatur- und Sanierungsarbeiten dauern bis heute noch an. Aus Geldmangel mussten öfter die Bauarbeiten unterbrochen werden. Millionen von Euro wurden in stabile Mauern, Abflusssysteme und die Straße selbst investiert. In weiten Bereichen auf der Westseite sieht es heute noch wie auf einer Großbaustelle aus
Nach dem Feuerinferno drohen jetzt Bergrutsch und Murrenabgänge
Anlass sich den Bereich um Fuencaliente einmal näher anzuschauen. Ein düsteres Bild von der einst grünen Landschaft. Wie eine mahnende Erinnerung stehen die verkohlten und in der Krone braun/gelb verbrannten Kiefern in der Landschaft.
Um die Pinus canariensis (Kiefer) muss man sich keine Sorgen machen. Diese kanarische Baumart ist sehr robust und wird in Kürze wieder ausschlagen. Bedrohlicher ist das komplett weggebrande Unterholz. Keine schützende Decke und kein intaktes Wurzelwerk, das den Boden halten könnte. Bei den üblich starken Regenfällen ab Ende November ist der Waldboden damit schutzlos der Erosion ausgeliefert. Auch die fast wasserdichte Ascheschicht am Boden, macht das Einsickern von Wasser schwer möglich.
Die steilen und jetzt abgebrannten Flanken reichen bis in 2000 Meter Höhe. Sobald sich der Mutterboden und die Oberschicht mit Wasser voll gezogen hat, wird das Regenwasser oberirdisch abfließen und in Sturzbächen Erde und Gesteinsbrocken Richtung Küste mitreißen. Bei 100 bis 150 Liter Niederschlag innerhalb von 24 Stunden gibt es auch auf anderen Teilen der Insel -auch mit vorhandener Schutzschicht- immer wieder Erdrutsch und Steinschlag. Desto gravierender kann es in den kommenden Monaten im Süden geschehen.
Es wird sich spätestens im kommenden Winter zeigen, ob die bereits gebauten kilometerlangen Stützmauern, die Abflussrohre und Kanäle, den gewünschten Erfolg bringen. Optimal wäre natürlich schleunigst Aufzuforsten. Die Vegetation braucht jedoch Jahre um ihre natürliche Schutzfunktion zu erfüllen. Für die kommenden Monate ist es dafür zu spät.
Dies haben inzwischen auch die Bürgermeister von #Mazo und #Fuencaliente erkannt und Alarm geschlagen. Die Regierung in Madrid hat als Sofortmaßnahme eine Million Euro bereit gestellt.
Viele kleine aber wirkungsvolle Barrieren aus Baumstämmen und Ästen sollen jetzt in der Not die herabströmenden Wasser- und Erdmassen aufhalten oder zumindest die Fließgeschwindigkeit verlangsamen. Die 20 bis 30 Meter langen Sperren werden versetzt an gefährdeten Hängen und Steilstellen manuell im Boden verankert. Eine einfache und schnelle Schutzmaßnahme die schon im letzten Jahrhundert erfolgreich angewandt wurde.
Diese Methode mag primitiv und vorzeitlich aussehen - hilft aber etwas. Bis November bleibt nicht mehr viel Zeit, um große Planungs- und Bauarbeiten zu starten. Schnell und jetzt ist die einzige Möglichkeit um das drohende Unheil vielleicht doch noch abzuwenden.
Hallo Herr Dr. Deutrich,
Im Süden fehlt das noch. Jetzt haben die Gemeinden Mazo und Fuencaliente beschlossen zwei große Wasserspeicher für die Löschhubschrauber zu bauen um die Wege zu verkürzen. Über ein Leitungssystem wie in Garafia wird nachgedacht. Hier muss dann erst einmal noch ein Finanzier gefunden werden.
Angebracht wäre es sicher – aber hier braucht alles seine Zeit.
Schöne Grüße
Manfred
Im Norden der Insel gibt es nach den Bränden zu Beginn des Jahrhunderts seit Jahren Wasserleitungen mit vielen Auslässen in den Wäldern entlang den Straßen. Weshalb hat man im Süden nicht Vorsichtsmaßnahmen getroffen? ist so etwas künftig geplant?
Karl-Helge Deutrich
Hallo Guido,
bei Dämmen mag das etwas anderes sein. Ein Damm soll Wasser abhalten. Wurzelwerk von Bäumen durchlöchert die aufgebaute Sperre und kann zu einem Dammbruch führen. Feine Wurzeln wie Gras dürfte dagegen positiv wirken.
Auf La Palma soll der Mutterboden an den Steilhängen gefestigt und gesichert werden. Das könnte auch mit Netzen erfolgen. Ein sehr umständlich und teures Verfahren. Dafür bleibt aber keine Zeit. Aufforsten mit Pflanzen und Büschen ist die ideale Lösung. Die Natur ist immer noch der beste Lehrmeister. Aber auch das braucht Zeit.
Manfred, das ist ein sehr interressanter Beitrag. Habe ihn aufmerksam gelesen.Das Schlimme ist der Gegensatz der Logik DORT zu der Logik in Deutschland. Ich las, daß das Wurzelwerk ‚was Halt schafft, fehlen wird und Erdrutsche folgen werden. Hier wurde uns die Meinung nach Hochwasser 2013 aufgezwungen, dass Wurzelwerk Dämme zerstört an Flüssen…und es wurden tausende Bäume abgesägt. Man nennt das„Hochwasserschutz“. Wie widersprüchlich ist nur die Welt.Der Unterschied zwischen Naturschutz und Kommerz (Holzgewinn) kann hier zwischen den Kanaren und Deutschland nicht größer sein. DANKE für Deinen Bericht, Manfred.