Kanaren-Kreuzfahrt: Von Glanzzeiten zu kritischen Stimmen -
Vor 30 Jahren wurde die Kanaren-Kreuzfahrt ins Leben gerufen – ein Konzept, das damals als genial galt. Die Idee, Urlauber durch die atemberaubenden Landschaften und vielfältigen Kulturen der Kanarischen Inseln zu führen, versprach nicht nur eine neue Dimension des Reisens, sondern auch einen wirtschaftlichen Aufschwung für die Region. Die Inseln, bekannt für ihre beeindruckenden Strände, vulkanischen Landschaften und mildes Klima, schienen prädestiniert dafür, Kreuzfahrtschiffe anzulocken und Touristen aus aller Welt zu begeistern.
In den vergangenen Jahren erlebte die Kanaren-Kreuzfahrt einen regelrechten Boom. Die Schiffe brachten Tausende von Besuchern auf die Inseln, was zu einem Anstieg der touristischen Einnahmen führte. Lokale Unternehmen profitierten von der erhöhten Nachfrage nach Dienstleistungen und Produkten, während einige Arbeitsplätze geschaffen wurden. Die Kreuzfahrten boten den Reisenden die Möglichkeit, mehrere Inseln in kurzer Zeit zu erkunden und dabei die kulturelle Vielfalt der Region kennenzulernen.
La Palma wurde erst 2002 zum Kreuzfahrtziel
Die erste AIDA kam im Jahr 2002 in dem Hafen von Santa Cruz de La Palma an. Noch heute erinnert im Hafen von Santa Cruz de La Palma ein mittlerweile mehrfach renoviertes Bodenbild an diesen ersten Einlauf im Jahr 2002. Es war der ersten Anlauf eines AIDA-Schiffes in La Palma überhaupt. Die AIDAcara (ursprünglich einfach „AIDA“ genannt), startete seine erste Kreuzfahrt am 11. Juni 1996 von Mallorca aus, aber La Palma wurde erstmals 2002 als Anlaufhafen hinzugefügt.
Seitdem sind Millionen Passagiere mit AIDA, TUI Mein Schiff, Phoenix-Reisen und mit anderen Reedereien auf die Insel gekommen. Auch in der jetzigen Kreuzfahrtsaison Oktober 2024 bis April 2025 werden es wieder knapp 200 Schiffsanläufe sein
Die Schattenseiten des Kreuzfahrttourismus
Doch während das Konzept anfangs vielversprechend war, hat sich im Laufe der Jahre eine kritische Perspektive entwickelt. Heute sehen einige Menschen auf den Kanarischen Inseln die einst gefeierte Idee als schlecht und verbraucht an. Die Herausforderungen sind vielfältig: Überfüllte Häfen, Umweltbelastungen durch den Massentourismus und eine oft ungleiche Verteilung der wirtschaftlichen Vorteile sind nur einige der Punkte, die in der Diskussion stehen.
Liegen Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Santa Cruz de La Palma, ist z.B. die Altstadt völlig überfüllt und ein „No-go-Areas“ für Einheimische. Ich hatte selbst viele Jahre als Tourguide im Kreuzfahrt Tourismus (siehe meine Bücher) mitgewirkt. Für mich heute ein Unding und mit der jährlichen Zunahme der Schiffe jetzt ein absoluter Overtourismus.
Heute am 28. Oktober liegen z.B. gleich drei Schiffe – Mein Schiff 7/ Spirit of Discovery und die Artania – im Hafen. Zusammen 7120 Passagiere und Crewmitglieder an nur einem Tag auf La Palma.
Zudem wird zunehmend hinterfragt, ob die Kreuzfahrttouristen tatsächlich zur nachhaltigen Entwicklung der Inseln beitragen oder ob sie lediglich kurzfristige Gewinne generieren. Viele Einheimische fühlen sich von den großen Kreuzfahrtgesellschaften ausgeschlossen und fordern eine stärkere Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und Interessen.
Die Debatte über die Zukunft der Kanaren-Kreuzfahrt ist somit aktueller denn je. Es stellt sich die Frage, wie man das ursprüngliche Konzept neu denken kann, um sowohl den Bedürfnissen der Touristen als auch den Anliegen der lokalen Bevölkerung gerecht zu werden. Eine nachhaltige Tourismusstrategie könnte dazu beitragen, das Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichem Nutzen und Umweltschutz herzustellen. Die Besucherzahl begrenzen und pro Tag nur eine oder zwei Anlegemöglichkeiten für Kreuzfahrtriesen zulassen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Geburt der Kanaren-Kreuzfahrt vor 30 Jahren zwar ein bedeutender Schritt in der Entwicklung des Tourismus war, jedoch auch wichtige Lektionen für die Zukunft bereithält. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieses Kapitel weiterentwickeln wird und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um sowohl den Reiz dieser einzigartigen Destination zu bewahren als auch eine positive Wirkung auf ihre Bewohner zu erzielen.
„Die Besucherzahl begrenzen und pro Tag nur eine oder zwei Anlegemöglichkeiten für Kreuzfahrtriesen zulassen.“
„Begrenzen der Besucherzahl“ könnte dann auch einige der größten Schiffe ‚aussperren‘. Zudem eine sinnvolle Maßnahme, um dem Größenwachstum entgegen zu wirken.
Hallo Manfred, die Erfahrung mit der überlaufenen Altstadt in St Cruz haben wir auch schon gemacht. Wie oder wo kann man erfahren ob und wieviele Kreuzfahrtschiffe im Hafen liegen?
Hallo Frank – das findest du im Kreuzfahrt-Kalender unter: https://www.puertosdetenerife.org/calendario-de-cruceros/
Danke Manfred
hm, tja, nö.
Auch wir waren mal vor langer, langer Zeit mit der „Kanaren mit Madeira-Tour“ unterwegs und haben uns auf diesem Trip in La Palma verliebt.
Seit dem waren wir 8 Mal auf der (unserer) Isla Bonita (immer auf der grünen Ostseite).
Klar,daß man an Kreuzfahrttagen nicht nach Santa Cruz reinfährt.
Dann halt einen Tag später.
Aber:
1) ist das die Chance zum Kennenlernen für Neulinge
und
2) glaube ich nicht, dass diese Heuschrecken-Touris noch einmal nach LP kommen. Dafür ist die Insel für die (Gott sei Dank) zu langweilig.
Daher: lasst sie kommen und wieder gehen.
Wer LP wirklich mag, kommt wieder.
Hallo Olaf – Das war auch meine Rechtfertigung im Kreuzfahrt Tourismus zu arbeiten. Einige Gäste kehren wieder und verbringen dann ihren Urlaub direkt auf La Palma. Oft treffe ich Leute, die mich plötzlich ansprechen und als ehemalige Kreuzfahrtgäste herausstellen, die mal auf einer Tour mit mir unterwegs waren. In fast 20 Jahren in dieser Tätigkeit sind tausende Gäste durch meine Hände gegangen.
Tatsächlich ist es schon vorgekommen, daß Kreuzfahrtschiffe mit Emigrantenbooten zusammen getroffen sind. Solange die Emigranten nicht in Seenot sind, werden sie ignoriert und ein großer Bogen um die Nussschalen gemacht. Bei echter Seenot gebietet es das Seerecht, die Emigranten zu retten und an Bord zu nehmen.
Es war vor einigen Jahren ein AIDA oder TUI Schiff, das Migranten aufgefischt und mit bis zum nächsten Hafen genommen hat. Auch ist mir ein Fall bekannt, dass ein Kreuzfahrtschiff Hilfe an gefunkt und solange in der Nähe gekreuzt ist, bis die Seenotrettung eingetroffen ist.
Mir geht es genau so. Auch ich habe jahrzehntelang am Massen- und Kreuzfahrttourismus mitgewirkt; zwar „nur“ als Stadtführer in Paris, Berlin und Potsdam, und hier auch „nur“ für englischsprachige Flußkreuzfahrer. Ich selbst habe an keiner einzigen Kreuzfahrt teilgenommen, aber immerhin. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur anführen, daß ich vor 45 Jahren zu dem Job wie die Jungfrau zum Kinde kam – anfangs waren es nur kleine Reisegruppen, die im Bus nach Paris fuhren – und später einfach dabeiblieb. Ich war jung und brauchte das Geld 😉
Heute stehe ich dem Kreuzfahrt – Business jeglicher Spielart mehr als kritisch gegenüber. Ich halte es für ein überaus fragwürdiges Geschäftsmodell, gutsituierte Gäste wochenlang auf Flüssen und Weltmeeren, auf mitunter monströsen Schiffen, von einem Hafen zum anderen zu befördern, sie dort halbtägig die vorhandenen Kulturstätten und Naturschönheiten heuschreckenartig „überfallen“ und “konsumieren“ zu lassen und sie zwischenzeitlich an Bord mit einem teilweise an’s Groteske grenzenden Luxus zu “verwöhnen“. Ich habe Menschen kennen gelernt, die bis zu sechs solcher Kreuzfahrten pro Jahr mitmachen. Aber gut: Jeder soll natürlich mit seinem Geld machen dürfen, was er für richtig hält.
Ich könnte mir vorstellen, daß in näherer oder fernerer Zukunft in Bezug auf den Massentourismus im Allgemeinen und das Kreuzfahrtgeschäft im Besonderen, aus verschiedenen Gründen, die ich hier nicht beleuchten möchte, ein Umdenken stattfinden wird. Städte, wie eben Paris, Venedig oder Dubrovnik haben bereits, oder sollte ich sagen endlich, damit begonnen.
Eine Anmerkung sei mir noch erlaubt: Ich habe noch nie von einer Begegnung eines Kreuzfahrtriesen mit einem Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer oder dem Atlantik gehört oder gelesen. Ist es tatsächlich vorstellbar, daß es nie zu solchen Situationen kommt, oder wenn doch, was passiert dann und warum berichten die Medien nicht davon?
Das sind so meine Gedanken beim Anblick der nicht einmal übergroßen Schiffe, die allwöchentlich im Hafen von Santa Cruz anlanden.