Feuer El Paso 2021 – Versicherung und staatliche Hilfen
Heute ein Beitrag von Neil Spindler an alle Hausbesitzer die durch das Feuer Eigentum oder ihr Haus verloren haben. Wichtige Termine und Fristen gilt es einzuhalten:
„Nach dem Brand in El Paso und Los Llanos stehen viele Hauseigentümer vor den Trümmern ihrer Existenz, sowohl die verantwortungsbewußten, die eine Gebäude- und Hausratversicherung abgeschlossen hatten (undenkbar in DE, keine zu haben!), als auch die anderen, die “va banque” gespielt haben.
Viele abgebrannte Häuser haben einen Wiederbeschaffungswert von 350.000 bis 400.000 EUR, das ist keine Kleinigkeit. Dieser Artikel soll ein wenig Licht in das Dickicht der möglichen staatlichen und privaten Hilfen bringen, da aktuell wieder einmal die hohe Zeit der Spekulationen und Falschinformationen, meistens beruhend auf Halbwissen, angebrochen ist.
Zur Zeit gibt es 6 mögliche Quellen, von denen je nach Lage der persönlichen Umstände und der Legalität des vom Feuer beschädigten Grundbesitzes des/der Geschädigten einige, aber niemals alle zusammen, angezapft werden können:
die Gebäudeversicherung (mit oder ohne Hausratversicherung)
das Consorcio de Compensación de Seguros
das Gobierno Central
das Gobierno de Canarias
das Cabildo de La Palma
das Ayuntamiento de El Paso oder Los Llanos.
GEBÄUDEVERSICHERUNG EXISTIERT
Im Falle des Bestehens einer Gebäudeversicherung wird diese den Wiederaufbau des verlorenen Eigentums bezahlen, und zwar zum vom Versicherungsgutachter festgestellten Wert, sofern keine Unterversicherung vorliegt; dies bedeutet, daß meistens (je nach Versicherungsunternehmen und Umfang der Police evtl. unterschiedlich) die Abbruch- und Aufräumkosten übernommen werden, die nun für den Neubau anfallenden Architekten- und aparejador-Kosten, Bauunternehmen, Versorgungs-Anschlüsse etc. – der Wiederaufbau muß allerdings eine exakte Kopie des abgebrannten Objekts sein, also gleicher Standort, gleiche Dimensionen, gleiche Ausstattung.
Hier kommen wir bereits mit einem ersten Problemkreis in Berührung: bekommt man nun 2021⁄22 keine neue Baugenehmigung vom Ayuntamiento de El Paso oder Los Llanos, z. B.weil der abgebrannte Bau seinerzeit schwarz gebaut und danach nicht legalisiert wurde (und das betreffende Grundstück auch heute noch nicht legal bebaubar ist), kann man gar nicht wieder aufbauen und die Versicherung kann also auch keinen Wiederaufbau bezahlen mangels vorgelegter Rechnungen.
In diesem Fall – oder wenn ein Wiederaufbau aus anderen Gründen nicht in Betracht gezogen wird – gibt es die theoretische Möglichkeit, mit dem Versicherungsunternehmen über die Erstattung des Zeitwertes der Immobilie zu verhandeln. Der von der Versicherung vorgeschlagene Zeitwert ergibt sich aus Tabellen des jeweiligen Versicherungsunternehmens und darüber läßt sich trefflich streiten, wenn man den „richtigen“ Anwalt und das entsprechende Gegengutachten hat. Wie dieser Zeitwert berechnet wird, ist nämlich nicht gesetzlich festgelegt und daher Verhandlungssache zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer.
Auf den an eine bestimmte Versicherung gebundenen Versicherungsvertreter oder Sachbearbeiter der Bank kann man hier kaum zählen, da er doch Erfüllungsgehilfe der Versicherung ist und diese eher daran interessiert ist, den Schaden gering zu halten. Es gibt aber Fälle, in denen sich Versicherungsmakler mit erheblicher Marktmacht (gegenüber der jeweiligen Versicherung) sich für die Interessen des Kunden stark machen, wie zum Beispiel C1 Broker, deutscher Versicherungsmakler in Los Llanos.
Versicherungsmakler haben in Spanien eine profunde Ausbildung mit „richtiger“ Abschlußprüfung, kennen die Kniffe und Vermeidungsstrategien der Versicherungsgesellschaften und arbeiten normalerweise eher im Interesse des Kunden und nicht in erster Linie für die Versicherungsgesellschaft. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die korrekte und im Interesse der Versicherungskunden optimale Zusammenstellung der Unterlagen, die der Versicherung vorgelegt werden bzw. Angaben, die dem Versicherungs-Gutachter gemacht werden, siehe Thema weiter unten „Unterversicherung“.
Hierzu gehört auch die kontinuierliche Abstimmung mit dem eventuell beauftragten Rechtsanwalt sowie Gegengutachter. Weitere Themen sind die fristgerechte Beantragung z. B. eines Vorschusses auf die endgültige Versicherungsleistung (ohne in die Falle der von der Versicherung gerne vorgeschlagenen „endgültigen Schlußzahlung“ zu geraten) oder die Beantragung einer Soforthilfe (z. B. Hotelkosten) im Falle der Unbewohnbarkeit der Immobilie, welche nicht auf die Gebäude-Entschädigung angerechnet werden sollte.
Jedenfalls ist kaum ein „Normalbürger“ in der Lage, seine Interessen optimal gegenüber der Versicherungsgesellschaft im Alleingang durchzusetzen und daher wird in diesem Stadium sicherlich die Hilfe eines spezialisierten Beraters und Anwalts gebraucht sowie natürlich ein gerichtsfestes Gegengutachten (zu dem der Versicherung) – der Versicherungsnehmer hat ein Recht auf die Präsentation eines Gegengutachtens. Gleiches gilt auch in dem Fall, daß zwar „alles in Ordnung“ ist, aber das Angebot der Versicherung für den Wiederaufbau zu niedrig erscheint. Nichtsdestoweniger haben einige wenige Versicherungen bereits „annehmbare“ Angebote bei Teilschäden unterbreitet und zahlen sofort aus, auch bei Nicht-(Teil-) Wiederaufbau.
Ein besonderes Thema ist die Unterversicherung – sowohl auf La Palma als auch in Deutschland. Die Idee dahinter ist folgende: das Versicherungsunternehmen kalkuliert diezu zahlende Prämie nach der zu erwartenden Schadenshöhe, die dem Wiederbeschaffungswert der Immobilie entsprechen sollte. Gibt der Versicherte nun vorsätzlich oder fahrlässig einen zu niedrigen Wert an, stimmt bei der Versicherung die Kalkulation nicht mehr: zuviel Risiko für die kleine(re) Prämie; deswegen kostet die Autoversicherung des Mercedes 500 auch ein bißchen mehr als die des Fiat 500. Im Schadensfall zahlt die Gebäude-Versicherung daher nur den proportionalen Betrag aus: 30% Unterversicherung (z. B. angegebener Versicherungswert des Hauses 210.000 EUR – Wiederbeschaffungswert 300.000 EUR) führen dann zu dem Ergebnis, daß von allen vorgelegten Rechnungen nur ca. 70% bezahlt werden.
Es gibt dann zwar noch im spanischen Versicherungsrecht die „cláusula de margen de error“ und die „cláusula de compensación de capitales“, aber das sind Themen für das Gespräch mit dem Berater bzw. Anwalt. Man kann aber schon sehen, daß es im drohenden Fall der Unterversicherung nicht besonders klug ist, dem Gutachter die Pracht des abgebrannten Eigentums in schillernden Farben zu schildern…Sonderfall: Consorcio de Compensación de SegurosDas Consorcio de Compensación de Seguros ist eine Art Rückversicherung der spanischen Versicherungsunternehmen. Es tritt in bestimmten Katastrophenfällen in die Rechte und Pflichten der Versicherungsunternehmen ein, aber nur, wenn der Katastrophenfall von derRegierung erklärt wurde und auch nur, wenn es eine gültige Versicherungspolice mit einem Versicherungsunternehmen gibt.
Diese Erklärung kann zeitnah zum Schadensereignis, aber auch nachträglich erfolgen. Im konkreten Fall des Brandes von El Paso und Los Llanos im August 2021 wurde der Katastrophenfall nur für die landwirtschaftlichen Schäden erklärt, aber nicht für die Schäden an Wohngebäuden. Das bedeutet, daß diejenigen Versicherungsnehmer, die sowohl Wohngebäude- als auch Landwirtschaftsschäden zu beklagen haben, bereits mit 2 Institutionen zu tun haben – und demnach mit 2 Gutachtern (das Consorcio schickt einen eigenen, unabhängigen Gutachter) oder sogar 3, wenn die Option des privaten Gegengutachters gewählt wird. Die Meldung des Versicherungsfalls beim Consorcio hat innerhalb 7 Tage nach Schadenseintritt zu erfolgen – spätere Schadenmeldungen werden akzeptiert – theoretisch kann das Consorcio weniger zahlen als die private Versicherung, unter Einbehaltung eines Freibetrages.
Das Consorcio ist komplett unabhängig von den nachfolgenden staatlichen Institutionen und wird daher auch nicht von der weiter unten angeführten GESPLAN vertreten; es können daher auch keine Anträge auf Entschädigung im GESPLAN-Büro gestellt werden. Ein professioneller Versicherungsmakler beantragt die möglichen Hilfen beim Consorcio normalerweise als Teil seines Servicepakets, an bestimmte Gesellschaften gebundene Versicherungsvertreter oder Bankangestellte eher nicht.
.
GEBÄUDEVERSICHERUNG EXISTIERT NICHT
Im Falle des Nicht-Bestehens einer Gebäudeversicherung können eventuell Hilfen staatlicher Natur beantragt werden, aber nur für Wohn-Gebäudeschäden, derzeit (14.09.2021) noch nicht für landwirtschaftlich genutzte Flächen oder Gebäude. Grundsätzlich gilt, daß es nur Hilfen für die Wiederbeschaffung von „primeras necesidades en viviendas“ gibt, also zum Beispiel Geld für einen neuen Kühlschrank, Bett etc., aber zum Beispiel nicht für eine neue Markise. Unklar ist, wer genau zum Kreis der Berechtigten zählt: das staatliche Antragsformular (siehe Anlage) spricht ausdrücklich vom Erfordernis der „residencia“ und würde also Nicht-Residente von diesen Hilfen ausschließen – das GESPLAN-Büro in El Paso (Casa de La Cultura) teilte heute mit, daß auch Anträge von Nicht-Residenten entgegen genommenwürden, aber wie dann von höherer Stelle in Madrid entschieden würde, wisse man natürlich nicht.
Zuständigkeiten: das GESPLAN-Büro ist derzeit nur für die Annahme der Anträge auf Hilfsgelder vom Gobierno de España zuständig und stützt sich auf die „informes“ der Ayuntamientos von El Paso und Los Llanos. Diese „informes“ sind also der Dreh- und Angelpunkt für alles weitere Vorgehen: obwohl die Ayuntamientos (der aparejador und der Gutachter vom Gobierno) bereits in den vergangenen Tagen diejenigen Gebäude besichtigt haben, wo sie Besitzer angetroffen haben, und auch Drohnenbilder gemacht haben, ist es UNVERZICHTBAR, unverzüglich jeden Brandschaden beim zuständigen Ayuntamiento anzuzeigen, unter Vorlage von Fotos und weiteren Dokumenten (siehe weiter unten) – oder, wenn alles verbrannt ist – muß der Besuch (Inspektion) des vorbenannten Gutachters und aparejadors angefordert werden.
In El Paso wird diese Listevon der Oficina Técnica geführt – Achtung: im Hauptgebäude wissen nicht alle darüber Bescheid.… – diese Liste ist UNABHÄNGIG von der GESPLAN-Liste, man muß sich also in beide Listen eintragen. Nach bisherigem Kenntnisstand muß die Antragstellung für die Hilfen des Gobierno de España vor dem 27.09.2021 erledigt werden, da dann die Frist für die Vorlage der Anträgebei GESPLAN abläuft.
Wer also – aus welchen Gründen inkl. COVID-19 auch immer – diesen Papierkrieg nicht selbst erledigen kann, muß zwangsweise jemanden damit beauftragen. Und dieser „jemand“ muß eine notarielle Vollmacht zu diesem Zweck bekommen, welche auch vor einem deutschen Notar beantragt werden kann. Das Antragsbündel wird von GESPLAN dann nach Madrid geschickt, wo von ministerieller Seite über die Höhe der Beihilfen entschieden wird. Sollten die eingereichten Unterlagen unvollständig sein, hat der Antragsteller – nach Aufforderung wiederum durch GESPLAN – 3 Monate Zeit nachzubessern.
Liegt jedoch die notarielle Vollmacht für den eventuell Beauftragten nicht bei Einreichung des Antrags vor (spätestens 27.09.2021), wird der Antrag gar nicht erst angenommen. Besonderes Augenmerk ist auf die Vielzahl der einzureichenden Unterlagen zu werfen: es wird z. B. verlangt, daß eine öffentlich wirksame Eigentumsbescheinigung vorgelegt wird (titularidad fehaciente), also eine escritura pública mit Eintrag der Gebäude, also keine escritura privada oder hijuela etc. – wenn das nicht möglich ist, sind sofort „Notmaßnahmen“ einzuleiten, wobei entsprechende Beziehungen zum jeweiligen Ayuntamiento natürlich von Vorteil sind.
Vorsicht mögliche Falle: mit Unterzeichnung des Antragsformulars bei GESPLAN wird automatisch die Vollmacht gegenüber dem spanischen Finanzamt erteilt, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu überprüfen, da diese in die Berechnung der zu gewährenden Hilfen einfließen. Mit anderen Worten: wer „schwarz“ auf La Palma lebt und mithin keine Steuererklärungen in Spanien eingereicht hat, kann durch das Beantragen dieser Hilfen entdeckt werden – und das kann ganz andere und schwerere Probleme nach sich ziehen als ein paar tausend Euro Hilfsgelder…
Als grobe Orientierung: die maximal zu gewährenden Hilfen betrugen im Gesetzblatt 2005 (aktuelle Zahlen müssen abgefragt werden):
a)Totalverlust des Wohnhauses maximal 15.120 EUR
b) Schäden an der Statik des Wohnhauses maximal 10.320 EUR, 50% vom Schätzwert
c) Kleinere Schäden ohne Statikschäden maximal 5.160 EUR, 50% vom Schätzwert
d)Schäden am Hausrat maximal 2.580 EUR
e) Schäden an Gemeinschaftseigentum von WEGs maximal 9.224 EUR, 50% vom Schätzwert
Weitere Hilfen noch nicht publiziert, aber vielleicht „auf dem Wege“ sind Hilfen vom Gobierno de Canarias Cabildo de La Palma Ayuntamiento de El Paso oder Los Llanos. Ob sich diese zukünftigen Hilfen auf Gebäude, Hausrat oder landwirtschaftliche Schäden beziehen, ist derzeit unbekannt, ebenso, wann sie angekündigt werden, wie der Kreis der Berechtigten ermittelt wird und welche finanzielle Höhe die Hilfen haben werden.
Nach Auskunft von GESPLAN ist noch nicht einmal sicher, ob GESPLAN die Beantragung dieser Hilfen managen wird oder ob weitere Anlaufstellen gegründet werden. Und ob dann vielleicht ein vierter, fünfter und sechster Gutachter eingeschaltet wird. Für landwirtschaftliche Flächen, auf denen Anbau stattfand, gibt es bei der Extensión Agraria eine Liste, in die man sich eintragen lassen kann. Auch hier ist mit Stand von heute noch nichts Genaueres bekannt.
Autor dieses Artikels ist Neil Spindler, Geschäftsführer der Deutsch-Kanarische Beratungsgesellschaft für binationale Rechts‑, Steuer- und Technikgutachten im Immobiliensektor, S.L. – kurz DKB und Gerichtsgutachter. Die DKB bietet die Übernahme von Mandaten an, die sich auf die korrekte Abwicklung von Schäden des Brandes El Paso + Los Llanos 2021-08 beziehen, insbesondere die effektive Vertretung der Interessen der Geschädigten gegenüber den oben im Artikel erwähnten privaten und öffentlichen Institutionen mit dem Ziel der Optimierung des wirtschaftlichen Ergebnisses für den Mandanten.
Besonderer Dank für viele „Insider“-Informationen an Saddai Santos/ServiTop El Paso und Dra. Susana Wichels/C1 Broker Los Llanos.
Für Oktober/November 2021 ist in der Casa de Cultura von El Paso ein Symposium geplant zum Thema: wie kann der Brandschutz von kanarischen Dächern durch Verwendung geeigneten Baumaterials so erhöht werden, daß eine Selbstentzündung erst deutlich später eintritt und somit viele Häuser im Brandfall gerettet werden können?
Neil Spindler Betontechnologe VDB + NACE
Sachkundiger Planer für Betoninstandhaltung SKP
SIVV-Schein
Überwacher und Zertifizierer für Vergußarbeiten an WKA onshore
span. Gerichtsgutachter ANPEJUCI col. #301
Deutsch-Kanarische Beratungsgesellschaft
für binationale Rechts‑, Steuer- und Technikgutachten
im Immobiliensektor, S.L.
Tel. + WhatsApp + Telegram: +34 629.870.873
Web: www.deutsch-kanarische.com“
Copyright: Neil Spindler 2021
In Sachen Bürokratie können die Deutschen echt noch was von Spanien lernen.
Da wird einem ja schwindelig bei den vielen wichtigen Abkürzungen und Respektpersonen..
Und ich dachte immer, hier in BRD ist es schon unerträglich.
Traum, oder Albtraum La Palma/Spanien.
Sollte man sich da wirklich noch ein Ferienhaus auf La Palma zulegen?
Oder einfach nur was nach Bedarf mieten?
Gruß nach Mazo