Mehr als 200 Erdbeben in den letzten 12 Stunden -
Schon der Gedanke unter sich in der Nacht eine Intensität von 200 Erdbeben erleben zu müssen, hat nicht alle Inselbewohner von La Palma heute ruhig schlafen lassen.
Die seismische Aktivität hat sich in der Nacht fortgesetzt, nachdem um 06:15:23 (Ortszeit) das stärkste Erdbeben der letzten Nacht mit einer Stärke von ML3,1 in El Paso registriert wurde und von der Bevölkerung gespürt wurde.
Viel interessanter waren heute Morgen um 05.00 und 05.13 Uhr zwei schwache Erdstöße in Fuencaliente, von ML1,1 bzw. ML1,2 in nur 1 Kilometer Tiefe. Ebenso gab es um 4.36 Uhr, ebenfalls in der südlichen Gemeinde, ein weiteres Erdbeben der Stärke 1,2 in einer Tiefe von 2 Kilometern. Stunden zuvor, um 02.29 Uhr, war Fuencaliente das Epizentrum einer weiteren Bewegung der Stärke 1,3 in 3 Kilometer Tiefe. In El Paso wurde um 6.38 Uhr ein weiteres Erdbeben in einer Tiefe von 1 Kilometer von ML2,1 registriert.
Es können sich hier natürlich um Verspannungen gehandelt haben, die sich durch die ganzen Aktivitäten gelöst haben. Der Seismograf kann nicht unterscheiden, ob vulkanischen Ursprungs oder mechanische Auslösung, wie z.B. der Einsturz einer Höhle.
Parallelen zum Teneguia Ausbruch vor 50 Jahren
Vor genau 50 Jahren, am 26. Oktober 1971 um 15.10 Uhr, brach im Süden der Vulkan Teneguia aus.
Alles begann genau wie heute mit zahlreichen Erdbeben bis zur vermuteten Stärke ML5,4 in diesem Gebiet von El Paso. Es gab damals nicht viele technische Geräte auf La Palma, daher sind die Angaben vage.
Letztendlich fand die Eruption aber weiter an der Südspitze unterhalb von Los Canarios statt.
Das aktuelle Lagebild (links) von heute zeigt, dass sich die jüngsten Beben weiter nach Norden verschoben haben.
Das Zentrum liegt um die Plaza de La Glorieta, Jedey, Puerto Naos und El Remo. Hat aber wie am Beispiel Teneguia noch nichts über einen Vulkanausbruch in dieser Gegend zu sagen.
Auch auf der Insel El Hierro im Jahre 2011 gab es zahlreiche Beben im Golfotal, bis dann nach 20.000 Beben der Vulkan Eldiscreto 6 Kilometer entfernt im Süden vor der Küste von La Restinga zur Eruption kam.
Noch die Aussage eines Vukanologen gestern: Cumbre Vieja ist ein aktiver Vulkan, früher oder später wird es zu einer Eruption kommen. Das kann Wochen, Jahre oder Jahrzehnte dauern “. Dem würde ich mich bedingt anschließen. Allerdings Jahrzehnte wird es nicht mehr brauchen. Noch einige Monate, so denke ich, dann haben wir unseren neuen Vulkan.
11.00 Uhr – Weiteres starkes Beben mit ML3,2 aus 8 km Tiefe in El Paso um 10.25 Uhr Ortszeit.
15.00 Uhr - Die Beben halten unvermindert an. Ein ML3,5 Erdstoß um 13.29 Uhr aus 7 km Tiefe im Gemeindegebiet von El Paso. Pevolca erwartet „Es wird eine größerer Beben-Intensität in den nächsten Stunden erwartet“. Das würden erweiterte Maßnahmen erforderlich machen“. Auf Deutsch: Evakuierungsmaßnahmen werden folgen.
15.30 Uhr - IGN hat die Daten zur vulkanischen Aktivität auf La Palma aktualisiert, im Erdbebenschwarm, der sich seit letztem Samstag unter dem Vulkanrücken Cumbre Vieja entwickelt. Bis heute hat sich der Boden nach veröffentlichten Daten in einigen Gebieten des Südwestens der Insel um bis zu 6 Zentimeter verformt. Trotzdem werden noch nonstop Touristen eingeflogen. Das wäre die erste Maßnahme diese Flüge zu stoppen.
16.10 Uhr - Pevolca (Krisenstab) gibt erste Empfehlung heraus:
Empfehlungen für die Bevölkerung
Vor einem Vulkanausbruch kommt es zu einer allmählichen Zunahme der seismischen Aktivität, die lange anhalten kann und von der Bevölkerung wahrgenommen werden kann, daher gilt es Ruhe zu bewahren.
An einer gelben Ampel empfiehlt es sich, das Kommunikationsnetz der Umgebung, in der Sie sich aufhalten, für eine mögliche Evakuierung zu kennen und ein Einfamilienhaus außerhalb der Risikogebiete zu haben.
Ein kleiner Rucksack oder eine Reisetasche muss für den Fall, dass eine Evakuierung notwendig wird fertig sein, mit einem Handy mit Ladegerät, persönlichen Medikamenten und wichtigen Unterlagen müssen eingeplant werden.
Bei erheblichen Veränderungen (Lärm, Gase, Asche, Veränderung des Wasserstands der Brunnen, kleine Bodenerschütterungen usw.) sollten Sie sich an 1−1−2 wenden. Denken Sie daran, dass dies eine Notrufnummer ist.
Wenn Sie mit Personen mit eingeschränkter Mobilität zusammenleben, die eine besondere Evakuierung (Krankenwagen) benötigen, melden Sie dies dem Sozialdezernat Ihres Stadtrats.
Im Falle einer Evakuierung informiert Sie Ihr Stadtrat über die Routen und den eingerichteten Treffpunkt. Es wird nur evakuiert, wenn die entsprechenden Hinweise gegeben werden.
Was ich von den ganzen Empfehlungen der Pevolca halte, hat sich bei der El Hierro Krise herauskristallisiert. Erst als die Lavabrocken fielen, wurde evakuiert. Also gesunden Menschenverstand einsetzen und nicht auf die Behörden und die Politik vertrauen.
17.00 Uhr – Information der IGN -
Die seismische Aktivität wandert weiterhin leicht nach Nordwesten in Tiefen von etwa 8 km, wobei auch 20 flache Erdbeben (1−3 km) aufgezeichnet werden. Die maximale akkumulierte Verformung erreicht etwa 6 cm.
Die seismische Aktivität, die um 3:18 (UTC) am 11. begann, dauert an. Bis heute 12:00 (UTC) wurden im südlichen Bereich der Insel La Palma 4222 Erdbeben festgestellt, von denen sie insgesamt geortet haben von 920. Die Aktivität wandert weiter in nordwestlicher Richtung. Seit 00:11 (UTC) wurden 20 Erdbeben in Tiefen zwischen 1–3 km (mit Fehlern zwischen 2–3 km) geortet, wobei das Ereignis mit der höchsten Magnitude 2,9 mbLg in einer Tiefe von 0,4 km betrug. Der Rest der Aktivität geht in Tiefen zwischen 7 und 9 km weiter. Die bisher akkumulierte Energie beträgt 2,5 × 10 11 Joule.
Die maximale akkumulierte vertikale Deformation beträgt etwa 6 cm im Bereich nahe der Seismizität und ihre Verteilung ist noch mit einem Druckzentrum in diesem Bereich kompatibel. Diese Bewegungen wurden sowohl mit dem GNSS-Netzwerk der Insel als auch durch InSAR-Daten (Sentinel‑1) beobachtet. Dagegen scheint sich der in den Vortagen im Cumbre Vieja Inklinometer beobachtete Osttrend stabilisiert zu haben.
Donnerstag, 16.09.21 – 8.30 Uhr – In der vergangenen Nacht ging es mit rund 40 Erdbeben etwas ruhiger zu. Auch die Stärke der Beben lag zwischen ML0,8 und 2,2. Die Ausgangstiefe hat sich nicht groß verändert und lag zwischen 1 und 11 Kilometer Tiefe. Die Bodenverformung bleibt im Südwesten bei 6 cm.
10.10 Uhr – Seit 7.45 Uhr Ortszeit geht es wieder Schlag auf Schlag. Leider hat die IGN noch keine Daten geliefert.
Beben in Fuencaliente um 9.29 Uhr mit der Stärke von ML2,2 – Tiefe unbekannt.
10.40 Uhr – Rund 11 Millionen Kubikmeter Magma könnten nach den Berechnungen der Involcan bereits in die Magmakammer unter der Insel injiziert worden sein.
Das Geodätische Netzwerk der Kanarischen Inseln, das vom Vulkanologischen Institut der Kanarischen Inseln (INVOLCAN) betrieben wird, hat in den letzten Tagen eine erhebliche Verformung des Geländes vulkanischen Ursprungs registriert. Die Kammer im Südwesten liegt in 5 bis 6 Kilometer Tiefe und wird aus dem Erdinnern gespeist.
Verformung der Inseloberfläche
Die Insel vergrößert sich wie eine Flunder. Sowohl vertikal als auch horizontal.
Die Abbildung zeigt die horizontale (rote Pfeile) und vertikale (schwarze Pfeile) Verschiebung in einigen GNSS-Stationen, die Teil des Netzwerks sind. Wie ein aufgeblasener Luftballon wölbt sich die Inseloberfläche bis jetzt um 6 cm. Irgendwann reißt die Inseloberfläche und Gase und Magma werden austreten. Noch hält die Hülle.
13.00 Uhr – weitere Beben in der Gemeinde El Paso – 12.01 Uhr von ML3,1 aus 7 km und um 12.09 von ML2,8 aus 8 km Tiefe und um 12.59 von ML2,1 aus nur 4 km Tiefe. Die Verformung hat zugenommen und erreicht einen akkumulierten Wert von 10 cm, sehr lokalisiert in der Umgebung der Seismizität.
14.45 Uhr – Fast im Minutentakt werden im südlichen Gemeindegebiet von El Paso neue Erdbeben registriert. Beben mit der Stärke von ML2,1 bis ML2,7. Die Tiefe liegt bei 6 und 7 km.
15.40 Uhr – Ein Beben von ML3,0 um 14.27 Uhr aus 30 km Tiefe. Weit unten könnte man denken! Aber auch hier ist Magma in Bewegung und könnte aufsteigen und die Kammer in 5 oder 6 km Tiefe weiter auffüllen und den Druck vergrößern.
Der Tremor hat eingesetzt
17.50 Uhr - Wenn ich die seismografischischen Aufzeichnungen richtig bewerte, hat inzwischen der Tremor eingesetzt. Das Magma ist am Aufsteigen und erzeugt viele Minibeben. Viel Zeit bleibt jetzt nicht mehr.
Zum Tremor verweise ich auf meine El Hierro-Seite. Hier ist alles erklärt. Ein untrügliches Zeichen, dass das Magma und die Gase einen Ausgang gefunden haben und sich den Weg zur Atmosphäre ebnen. Seit 12.00 Uhr UTC ist dieser Prozess nun bereits im Gange. Er kann noch einmal stoppen, wird aber in den nächsten Stunden/Tagen seinen Weg weiter finden.
- Fortsetzung folgt -
Hallo Manfred,
auch von mir ganz herzlichen Dank für die ausführliche Schilderung. Als Vulkan Freak wäre ich nur zu gerne dabei, wenn sich die Erde öffnet, trotz aller Gefahren. So ganz war der Teneguia ja nie erkaltet, die seismische Aktivität schlummerte nur und erwacht offenbar gerade. Jetzt weiß ich auch endlich warum du auf der „Schattenseite“ der Insel wohnst.
Ich wünsche allen viel Glück verbunden mit der Hoffnung, dass niemand zu Schaden kommt!
Herzliche Grüße, Detlef
Hallo Manfred …
Wir würden am 29.9. nach LaPalma fliegen und Nähe der Caldera oberhalb von Los Lianos wohnen. Wie wahrscheinlich ist es deiner Einschätzung nach, dass im Falle eines Ausbruchs der Flughafen stillgelegt wird, und wie ist Deine Einschätzung bis wann der Ausbruch Eintritt?
Das mit dem Flughafen hängt mit der Windrichtung zusammen. Da wir aber meist Nordostwind haben, sehr unwahrscheinlich. Das wann ist und bleibt die große Frage? Denke bis Weihnachten ist die Sache ausgestanden.
Danke für Deine schnelle Antwort und Deine EInschätzung …
Gruß
Kurt
Wenn wir noch zu Hause wären, würden wir wohl nicht fliegen. Aber wo wir nun schon mal auf La Palma (Breña Baja) sind, hoffen wir, dass nicht passiert. Und der Flughafen liegt ja fast vor der Tür…
Breña Baja dürfte ziemlich sicher sein. Allerdings rettet dich der Flughafen auch nicht. Falls der Flugverkehr eingestellt wird, musste paddeln.
Hallo Manfred,
erstmal ganz großen Dank an dich. Deine Infos waren schon vor unserem Urlaub sehr gut und auch jetzt hilft mir das gut bei der Lageeinschätzung. Und Puerto de Santa Cruz liegt fast noch näher als der Flughafen. 😉
Kann man Vulkane sonst evtl. einfach leugnen? Funktioniert bei Krankheiten doch auch.
LG
Christian
Das versuchen die Behörden alles zu verniedlichen und zu verharmlosen. Nur keine Unruhe. Ist vielleicht auch deren Aufgabe. Nur, wenn es extrem gefährlich wird, wie am Beispiel El Hierrro und nur noch Glück Menschen rettet, dann hört es mit meinem Verständnis auf. Das ist dann fahrlässig und fast Vorsatz. Dafür sind die Behörden nicht geschaffen worden und man kann auf deren Empfehlungen verzichten.
Hallo Manfred,
lässt sich der Ort eines wahrscheinlich möglichen Ausbruchs schon etwas genauer angeben? Gibt es bereits Einschätzungen von Experten, welchen Ort es am ehesten treffen könnte?
LG Sabine
Hallo Sabine,
wo wohnst Du?
Hallo Manfred,
wir wohnen im Hauptort Mazo.
Grüße
Hallo Manfred,
wir wohnen im Hauptort Mazo.
Auch von uns einmal großen Dank für die immer tolle Berichtserstattung.
Da brauchst Du noch nicht den Rucksack einpacken. Wenn, so glaube ich erfolgt alles weiter südlich.
Danke für ausführicheSchilderungen, Viele Grüße
Manfred
Hallo Manfred, gibt es einen Link zum IGN, über den man sich die aktuellen Tremors zu den einzelnen Meßstationen auf La Palma anschauen kann ? Damals beim Eldiscreto gab es noch eine Übersicht, die finde ich jedoch nicht mehr.
Danke für die aktuelle Berichterstattung –> ich hoffe, dass es nicht zum „worst case“ kommt.
Denn gibts http://www.ign.es/web/ign/portal/vlc-senales-sismicas/-/senales-sismicas/getInfo?fecha=2018–02-14&tipo=1&estacion=EHIG&tabResult=Tiempo%20Cuasi-Real#
Allerdings im Moment tot geschaltet !!!
Probiert den mal aus (ist weltweit, aber man kann nach der Region sortieren):
https://www.emsc-csem.org/Earthquake/?view=1
dank dir … die Webpage von IGN ist ohnehin schon dürftig und schwer zu erreichen. Kommt mir so vor, als ob die momentan ein Problem mit der Serverlast haben. Ich verfolge es jedenfalls weiter. Zur Zeit bin ich jedoch einigermaßen beunruhigt, da die meisten unserer Freund auf der Westseite der Insel wohnen.
Das bringt uns jetzt doch mit unserem geplanten Urlaub ins Grübeln.
Danke für die ausführliche Berichterstattung.
Grüße
Entweder ist die 7. Aktivitätsphase dann vorüber oder ihr könnt einen neuen Vulkan bewundern.