Die Magmakammer meldet sich !
Ein ML3,4 Erdstoß rund 15 Kilometer südlich vor Maspalomas lässt aufhorchen. Am Freitagmorgen um 7.24 Uhr gab es aus 43 Kilometer Tiefe ein Erdbeben das im Süden von Gran Canaria zu spüren war. Der jüngste ML3,4 Erdstoß lag am südlichen Rand des Inselsockel.
Sofort werden Erinnerungen an die Bebenserie mit rund 22.000 Erdstößen von El Hierro im Jahre 2011 – die dann zur Vulkaneruption führte – wach. Auch der Bebenschwarm unter La Palma vom vergangenen Oktober 2017 kommt ins Gedächtnis.
Dabei entstammen alle Kanarischen Inseln vulkanischer Aktivität die erst die Lebensgrundlage erschaffen haben. Vulkaneruptionen und die damit verbundenen Erdbeben waren und sind an der Tagesordnung. Die Vielzahl der Erschütterungen in den letzten Wochen aber so nicht die Regel.
Wie lange und wie oft mussten in der Vorzeit Vulkane ausbrechen bis endlich die Insel Gran Canaria in der heutigen Form fertig war. Am hellblauen Rand auf der IGN Grafik ist der Sockel recht gut zu erkennen. Aus 3500 Meter Tiefe vom Meeresgrund musste die Natur erst das mächtige Fundament formen. Millionen von Kubikmeter Lava waren nötig bis überhaupt erst einmal die Atlantikoberfläche erreicht wurde. Was wir heute als Gran Canaria wahrnehmen ist nur die Spitze des „Eisberg“.
Nach Schätzungen des Ozeanographischen Institut wurden bereits beim kleinen Ausbruch des Eldiscreto 2011⁄12 vor El Hierro mehr als 145 Millionen m³ Lavamaterial ausgestossen.
Auch unter Teneriffa vermehrte Beben
Ähnlich verhält es sich mit der Nachbarinsel Teneriffa. Auch vor rund 12 bis 14 Mio. Jahren entstanden, sind heute immer noch regelmäßig Erdbeben zu verzeichnen.
Jeder Punkt kennzeichnet einen Erdstoß in den vergangenen 90 Tagen. Es ist die Häufigkeit der meist schwachen Beben die verwundert. Nur die rot markierten Erdbeben lagen über ML3.0.
Als Schwerpunkt bildet sich das südliche Teide-Massiv und das Meeresgebiet östlich von Güimar /El Médano heraus (siehe Karte). Erstaunlich dass gerade bei den „alten Inseln“ sich in den letzten Monaten noch soviel vulkanische Aktivität entwickelt.
Als normal wären diese Aktivitäten um eine junge Insel wie La Palma oder El Hierro anzusehen. Mit gerade 1,8 bzw. 1,2 Mio. Jahren bilden sie geologisch die Säuglinge unter allen Inseln. Ihr Aufbau ist längst noch nicht abgeschlossen. Viele Vulkanausbrüche und noch mehr Beben werden in der Zukunft folgen. Doch hier ist es im Moment relativ ruhig.
Hängt der ML3,4 Erdstoß mit dem Magmafluss zusammen?
Nach einer Hypothese könnte sich ein Lavatunnel vom Hotspot unter den westlichen Kanaren (La Palma/ El Hierro) bis in das 400 km entfernte afrikanische Festland erstrecken.
Wissenschaftler vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-Geomar) glauben Beweise gefunden zu haben, die einen Zusammenhang herstellen. Siehe auch meinen Beitrag „Eldiscreto und das Atlasgebirge“ aus dem Jahre 2013.
Es sind die natürlichen Vulkankräfte die im 30 bis 40 Jahre Rhythmus immer wieder eine neue Vulkaneruption hervorrufen. 1949 der Vulkan San Juan – 1971 der Teneguia (beide La Palma) und im Jahre 2011 der Eldiscreto auf El Hierro. Frühestens um 2040 wäre dann der nächste Ausbruch zu erwarten.
Bekanntlich bestätigen aber Ausnahmen die Regel. Es ist sehr gut vorstellbar, dass die eingesperrte Energie auch schon früher ihren Weg in die Freiheit sucht. Beruhigend und zu wissen – die Magma-Zusammensetzung auf den Kanaren hat bisher noch keine explosive Eruption erzeugt.
So brodelt es also weiter. Bei einem ML3,4 Erdstoß aus 43 km Tiefe besteht kein Anlass zur Sorge. Erst wenn die Erdbeben aus 4 oder 5 Kilometer oder noch geringerer Tiefe kommen, heißt es „jetzt aber Achtung“.
Lange beschäftige ich mich schon mit den Vulkanen und dem Vulkanismus der Kanaren. Als Zeitzeuge während der Vulkan Eruption auf El Hierro im Blog oder als Buch-Autor. Es ist einfach spannend und interessant die Natur für einige geologische Sekunden begleiten zu dürfen.
Freuen wir uns gemeinsam auf ein frohes und friedliches Weihnachtsfest 2017. Allen Lesern, Freunden, Gästen und La Palma Fans wünsche ich mit Familie ruhige und besonnene Tage.
Ihr
Manfred Betzwieser
Dankbar för Auskuenfte.