Die Nutzung der Solar-Energie steckt noch in den Kinderschuhen -
In Sachen grüner Stromerzeugung hinkt La Palma hinterher. Gerade 8 Prozent des erzeugten Stromes kommen aus Regenerativen Energiequellen (Sonne + Wind). Die Nachbarinsel El Hierro schafft bereits 60 Prozent ihres Bedarfs.
→ Ein Gastbeitrag von Klaus Badstieber.
La Palma – Die grüne Insel
Bald auch grün in der Energieversorgung?
von Klaus Badstieber
La Isla Verde – die grüne Insel – wird La Palma stolz von seinen Einwohnern genannt. Und das nicht zu Unrecht: jeder, der den Weg auf die westlichste der Kanarischen Inseln bereits gefunden hat, zeigt sich beeindruckt von der überwältigenden Natur. Nicht zuletzt deshalb wurde La Palma von der UNESCO im Jahr 2002 vollständig zum Biosphärenreservat erklärt.

Abbildung 1 – Schweröl-Kraftwerk in Santa Cruz
Doch so paradiesisch sich die grüne Insel durch Ihre reichhaltige Flora und Fauna präsentiert, so wenig grün und nachhaltig erweist sich nach wie vor die Energieversorgung der knapp 90.000 Palmeros sowie vieler Touristen, welche die Vulkaninsel meist in gemieteten Ferienhäusern genießen: der Großteil des gesamten Strombedarfs wird immer noch durch ein zentrales Schweröl-Kraftwerk vor den Toren der Hauptstadt Santa Cruz gedeckt. Neben der sichtbaren Umweltbelastung durch die Emissionen birgt ein zentrales Kraftwerk im Fehlerfall auch immer das Risiko eines Black-Outs der gesamten Insel – so zuletzt geschehen im März 20181.
Ein aktueller Trend verschärft die Problematik der Versorgungssicherheit zusätzlich: während in den traditionellen Haushalten nach wie vor Gas für Kochen, Warmwasserbereitung und Raumheizung genutzt wird, setzen neue Gebäude auf eine zunehmende Elektrifizierung. Neben Elektro-herden werden elektrische Durchlauferhitzer für das Brauchwasser eingesetzt; außerdem etablieren sich immer mehr dezentrale Klimaanlagen wahlweise zum Heizen oder Kühlen, teilweise unterstützt von Elektro-Heizkörpern. Besonders signifikant wird der Leistungs- und Energiebedarf eines Hauses, wenn auch noch ein Swimmingpool elektrisch, z.B. über eine Wärmepumpe, beheizt werden soll.
Der Energiebedarf kann in solchen Häusern ohne Weiteres auf bis zu 12.000 kWh pro Jahr ansteigen, das ist 2–3‑mal mehr als der Durchschnitts-verbrauch eines 4‑Personenhaushalts in Deutschland. Dabei werden Spitzenleistungen von mehr als 10 kW benötigt. Letzteres bringt das bestehende Stromnetz vor allem in abgelegenen Bereichen an seine Grenzen. Auch hierdurch drohen lokale Stromausfälle.
„Die technischen Herausforderungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, wie wir sie auf La Palma erleben, sind uns nicht unbekannt“, erklärt Peter Lesewa, Geschäftsführer der TEMES Engineering GmbH1. „Schließlich sind sie mit den Problemen vergleichbar, die in Deutschland mit der Energiewende und insbesondere der Zunahme der dezentralen Einspeisung regenerativer Energien entstehen.“
Die TEMES Engineering GmbH beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit innovativen Energiespeicherlösungen. Der Fokus liegt dabei auf einem maximal zuverlässigen und wartungsfreien Betrieb der Produkte sowie einem effizienten Zusammenspiel mit bestehenden Stromnetzen und alternativer Energieerzeugung. Das Unternehmen setzt aktuell auf Lithium-Eisen-Zellen, die derzeit modernste Technologie zur Erreichung höchster Energie- und Leistungsdichten. Angebunden werden die Speicher über eigens für diese Anwendungsbereiche entwickelte und optimierte Leistungselektronik. In den vergangenen Jahren ist dadurch ein vollständiger, modularer Baukasten entstanden, der je nach Kundenwunsch und Gegebenheiten vor Ort zusammengestellt werden kann.
„Wir haben von den Problemstellungen auf La Palma Anfang 2018 durch eine konkrete Projektanfrage erfahren. Schon während der ersten Prüfung der Rahmenbedingungen war uns klar, dass die Aufgabe genau in den Bereich unserer Lösungsmöglichkeiten fällt“, führt Lesewa weiter aus.
Im Konkreten geht es bei dem Projekt um ein Ferienhaus, die Casa Surya2, im Ort Las Manchas auf der Westseite von La Palma.

Abbildung 2 – Ferienhaus „Casa Surya“ in Las Manchas
Das Ferienhaus ist mit allen Extras ausgestattet, die der Urlauber begehrt, unter anderem auch mit einem beheizbaren Swimmingpool.
Allerdings ist die für die Heizung des Pools benötigte Wärmepumpe in den vergangenen Jahren kaum gelaufen.
Aufgrund der schwachen Dimensionierung des lokalen Stromnetzes hat beim Anlauf der Pumpe in den meisten Fällen die Sicherung ausgelöst, wodurch der Pool bislang kalt bleiben musste. Ein Umstand, den der Hauseigentümer nicht mehr länger hinnehmen wollte.
So wurde die Umsetzung des Projekts Ende Januar 2018 mit der technischen Begutachtung der Rahmenbedingungen vor Ort durch die TEMES Engineering GmbH gestartet. Nach Bewertung der sich daraus ergebenden Realisierungsvarianten entschied sich der Hauseigentümer für eine elektrische Teilautarkie seines Hauses:

3 – Elektrische Teilautarkie der „Casa Surya“
- Das Herzstück der neuen Energieversorgung bildet ein Lithium-Eisen Batteriepack mit einem nutzbaren Energieinhalt von 22,5 kWh.
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Geladen werden die Batterien hauptsächlich durch eine Photovoltaik-Anlage mit einer elektrischen Spitzenleistung von 10 kWp.
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Alternativ können die Batterien auch vom öffentlichen Stromnetz gespeist werden, so dass die Versorgungssicherheit auch in Zeiten geringerer Sonneneinstrahlung gewährleistet ist.
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Die gesamte Installation wird redundant ausgeführt, so dass die Versorgung des Hauses auch im Fehlerfall gegeben ist.
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Da sowohl die Photovoltaik-Module als auch die Batterien auf Basis von Gleichstrom arbeiten, wird ein 20 kVA Wechselrichter verwendet, um den für die Hausversorgung nötigen Wechsel-/Drehstrom zu erzeugen. Die Spitzenleistung des Hauses wird damit mehr als verdoppelt, womit auch der sichere Betrieb der Wärmepumpe garantiert ist.
- Eine Option für die spätere Integration einer E‑Tankstelle für Elektroautos ist vorgesehen.
- Ein übergeordnetes Energiemanagement sorgt dafür, dass die Versorgung vorrangig über die PV-Module erfolgt.
Aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung auf den Kanarischen Inseln ist die Anlage so ausgelegt, dass der Bezug aus dem öffentlichen Stromnetz auf ein Minimum reduziert und nur im Ausnahmefall nötig sein wird. Eine Amortisation der Kosten ist damit innerhalb weniger Jahre zu erwarten, wodurch sich die Investition nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch als äußerst sinnvoll erweist.
Bereits Ende März 2018 wurde das System in der Casa Surya mit der Unterstützung des lokalen Bauunternehmens Mantenimiento de Contacto aus Los Llanos installiert. Durch die kompakte Bauweise konnten alle Komponenten in dem bereits bestehenden Poolhaus untergebracht werden. Der gesamte Umbauaufwand hielt sich daher sehr stark in Grenzen. Lediglich für die Solarzellen musste ein geeigneter Unterbau auf dem Anwesen errichtet werden.

Abbildung 4 – Einbringung der Systemkomponenten
Durch ein Fernüberwachungstool, das zeitnah auch als App verfügbar sein wird, kann die Anlage jederzeit auch aus der Ferne überprüft werden – seit der Inbetriebsetzung im März läuft sie ohne Störungen einwandfrei.
„Die Anlage in der Casa Surya ist genau auf die Wünsche des Kunden zugeschnitten.
Prinzipiell können Batteriespeicher und Ausgangsleistung durch den modularen Aufbau des Systems nach Belieben angepasst werden und auch im Nachhinein noch erweitert werden“, so denken Peter Lesewa und sein Team bereits über Systeme mit mehr als 200 kW Leistung nach. Damit können auch größere Gebäude, kleinere Industrieanlagen oder ganze Wohngebiete sicher versorgt werden.
Aber auch komplett autarke, vom öffentlichen Stromnetz getrennte Inselversorgungen sind immer mehr im Gespräch. In diesen Systemen wird der Anschluss ans öffentliche Stromnetz durch ein Notstromaggregat oder ein Blockheizkraftwerk ersetzt. Diese Stromerzeuger können umweltfreundlich mit Gas betrieben werden, so dass auch an entlegensten Stellen eine 100%-ige Versorgungssicherheit garantiert werden kann.

Abbildung 5 – Solaranlage „Casa Surya“
La Palma – Die grüne Insel.
Bald auch grün in der Energieversorgung!
Zumindest stehen die Chancen besser denn je, da die passenden Lösungsansätze verfügbar und längst keine ökologische Fiktion mehr sind!
Über den Autor:
Klaus Badstieber ist Dipl.-Ing. Elektrotechnik und versucht in seiner Freizeit sein Interesse für dezentrale Energieversorgungen mit seiner Leidenschaft für die Kanarischen Inseln, insbesondere aber La Palma, zu verbinden.
1 http://www.temesonline.de 2 https://www.lapalma.de/ferienhaus/Casa-Surya Fotos: http://www.la-palma.de/de/ – http://lapalma1.net/2018/03/21/blackout-auf-la-palma/ ←
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Hallo, ich freue mich endlich eine Quelle gefunden zu haben, die die Problematik beschreibt. Ist das auch in der Bevölkerung ein Thema? Es kommt ja nicht gut an den Einheimischen zu erklären, wie sie zu wirtschaften haben. Gibt es lokale Projekte, die versuchen Einfluss auf die Energiepolitik zu nehmen und die man unterstützen kann?
Vielen Dank!