Rätselhafte Objekte die an Katakomben erinnern -
Der Einstieg durch das verwitterte Tonnengewölbe erinnert an die Katakomben und Grabkammern an der Via Appia in Rom. Ein seltsamer Ort, der schon sehr alt sein muss. Nicht aus Tuffstein heraus gemeißelt, sondern nach römischer Bauweise als Rundbogen angelegt. Ein Gang in die Tiefe, der das Innere noch nicht preisgibt. Nur die Rückwand ist bereits zu erkennen.
Zerbröselte Fragmente von gebranntem Ziegel- oder Backstein bildet die sichtbare Oberfläche. Die Verwitterung oder extreme Hitze hat dem Mauerwerk bereits kräftig zugesetzt. Nicht in Rom, sondern auf La Palma im Nordosten der Insel ist dieses Bauwerk zu entdecken.
Es offenbart sich nach dem Einstieg ein rund 12 Meter hoher gemauerter Raum. Ovale seitliche Öffnungen und an der Spitze ein rundes Loch. Mit einer Grundfläche von bestimmt 5×5 Meter im Durchmesser.
Wer die Geschichte kennt, kennt auch den Verwendungszweck
Zugemauerte Öffnungen an den Wänden, die sicher früher auch eine Verwendung oder Bestimmung hatten. Ein merkwürdiges Bauwerk, das auf den ersten Blick verwundert.
Das rätselhafte Gebilde steht an der Küste bei San Andres und ist keine Katakombe, sondern der einstige Kalkofen El Guindaste.
Kalk war ein gefragtes Material für das Baugewerbe. Gebraucht als Bindemittel für Mörtel oder zum Verputzen. Unter dem eingefüllten Rohmaterial „Kalkstein“ wurde ein Feuer entfacht, das locker Temperaturen von 1000 °C und mehr erreichen konnte. Das im Gestein gebundene Kohlendioxid entweicht und reiner Kalk bleibt zurück.
Zwischen einer und drei Wochen dauerte der Brennvorgang und verschlang jede Menge Holz. 10 Tonnen Holz erbrachten rund 200 Tonnen Kalk. Anschließend wurde der heiße Kalk mit Wasser gelöscht. Ungelöschter Kalk wurde auch als Desinfektionsmittel in Viehställen eingesetzt.
Der Kalkofen El Guindaste, gilt als der größte und am besten erhaltene Kalkofen der Insel. In unmittelbarer Nähe oberhalb des Meeresbades Charco Azul befand sich mindestens noch ein weiterer Brennofen. Überreste sind noch zu erkennen.
Warum befanden sich die Kalköfen an der Küste?
Kalk wurde auch zum Bau der zahlreichen Bewässerungskanäle um San Andres benötigt. Erst Caña (Zuckerrohr) und später die Plátanos (Bananen) mussten mit Süßwasser versorgt werden. Kalkstein gibt es nicht auf La Palma. Mit Schiffen wurde es aus Fuerteventura und dem Süden von Gran Canaria auf die Insel gebracht.
Im kleinen Hafen von Espindola und mehreren Anlegestellen entlang der Küste entladen und zum „Brand“ dann in die Hochöfen geschafft.
Es stellt sich nun die Frage: Warum gibt es auf Fuerteventura und im Raum Maspalomas auf Gran Canaria überhaupt Kalkgestein?
Auch diese Inseln sind wie das ganze Kanarische Archipel vulkanischen Ursprungs und normal ohne Kalk. Doch es gibt Unterschiede. Diese Inseln haben weißen Sand.
Kein Sahara-Sand wie häufig vermutet, sondern umfangreiche Kalkbänke und Sedimentablagerungen im Küstenbereich. Abgestorbene Seeigel, Muscheln, Schnecken und andere Schalen und Skelette von Meerestieren oder Rotalgen die sich im Laufe der Zeit zu meterdicken Kalkbänken abgelagert haben. Winde haben diese Sedimente verteilt und zu Dünenlandschaften auf der Halbinsel Jandia oder Carralejo im Norden angehäuft.
Fuerteventura, Lanzarote und Gran Canaria gibt es bereits seit über 20 Millionen Jahren. Die Westinseln sind noch jung – La Palma 1,8 Mio. und El Hierro 1,2 Mio. Jahre alt. Die Natur hatte hier noch keine Zeit umfangreiche Kalkbereiche zu bilden. Erste Sedimentablagerungen wurden allerdings beim Eldiscreto Vulkanausbruch 2011 im Süden von El Hierro sichtbar. Die ausgeworfenen weißen Restingolitas stammen tatsächlich aus einer Sedimentschicht die sich auf 600 Meter Meerestiefe bereits gebildet hat.
Dann werde ich mir das bald ansehen bevor es endgültig verfallen ist! Vielleicht sollten Entscheidungsträger die EU Euros eher für solche traditionellen Kleinode freigeben, statt sinnfreie „Großprojekte“, wie etwa den landschaftsverschandelnden Straßenbau im Süden der Insel, zu bewilligen.
Danke nochmals und Ihnen eine angenehme Zeit,
D.Hupfeld
Hallo Herr Betzwieser,
wenn ich mich recht erinnere, ist der Zugang zum Kalkofen El Guindaste abgesperrt. Haben Interessierte dennoch die Möglichkeit, dieses seltsame Bauwerk aus der Nähe/dem Inneren zu betrachten?
Danke für Ihre Antwort!
Gruß, D. Hupfeld
Hallo Herr Hupfeld,
ist frei zugänglich. War erst in der vergangenen Woche im Kessel(Fotos). Wurde vor einigen Jahren renoviert. Das vorgesehene Ausstellungsgebäude verfällt allerdings bereits wieder. Geld ausgegangen oder die Lust daran verloren – wahrscheinlich beides. Wäre sicher ein Magnet, wenn dieses Projekt auch bis zum Ende gebracht würde.
Gruß
Manfred Betzwieser