Auf mehreren Inseln gleichzeitig Erdbeben -
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Mittwoch 11.10.17 – 19.30 Uhr
Keine nennenswerte weiteren Beben im Tagesverlauf. Damit dürfte die jetzige Etappe zunächst auch einmal beendet sein. Der Bebenschwarm (Grafik IGN) brachte seit vergangenem Samstag 77 Erdstöße mit mehr als ML1,3 und viele kleinere Beben (über 300).
Der Schwerpunkt lag im Südwesten zwischen Puerto Naos – Fuencaliente und im Osten Brena Baja – Mazo. Die Bebentiefe lag zwischen 20 – 25 km Tiefe. Um Brena Baja etwas flacher bei 15 km.
Nach 46 Jahren seit dem letzten Teneguia Ausbruch erstmals wieder eine stärkere Vulkanaktivität auf La Palma. Die Beben waren mit max. ML2,7 schwach und nicht zu spüren, aber ein untrügliches Zeichen für das Erwachen des Vulkan.
Es können jetzt Wochen oder Monate vergehen bis er sich wieder meldet. Deutliche Parallelen zu der damaligen Entwicklung des Vulkan Eldiscreto auf El Hierro den ich in den Jahren 2011⁄12 beobachtet und in meiner Chronik beschrieben habe.
10.30 Uhr - in der vergangenen Nacht doch zwei kleine Beben im Süden von La Palma mit ML1,3 und 1,4 aus 22⁄23 km Tiefe (von IGN nachgereicht).
8.15 Uhr – keine weiteren Beben auf La Palma. Der Bebenschwarm scheint beendet zu sein. Nordwestlich auf Gran Canaria bei Agaete ein ML2,8 Erdstoß um 23.54 Uhr aus 23 km Tiefe.
Dienstag 10.10.17 – 12.15 Uhr - während es unter La Palma ruhig bleibt, ein weitere Nachbeben vor Teneriffa mit ML1,5 aus 18 km Tiefe.
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Gleich drei Inseln bekamen in der vergangenen Nacht die Vulkanaktivität zu spüren. Ein Erdbeben der Stärke ML4,0 lies den Süden von Teneriffa zittern.
Um 6.38 Uhr Ortszeit ereignete sich kurz vor der Südküste bei Los Cristianos ein kräftiger Erdstoß. Seinen Ursprung hatte er in 25 km Tiefe mit Auswirkungen auch auf die Feriengebiete. Die Intensität wird mit Stufe III von der IGN angegeben.
Zu spüren waren die Auswirkungen in Las Chafiras (San Miguel de Abona), Los Cristianos, Valle San Lorenzo, El Fraile, La Camella, Costa del Silencio, Cabo Blanco und Buzanada (Arona), Guia de Isora und Adeje Granadilla – wie die Zeitung Diario de Avisos mitteilt.
Um 1.18 Uhr in der vergangenen Nacht gab es bereits ein Beben von ML2,1 auf El Hierro. Das Beben ereignete sich vor der Südküste im Eruptionsgebiet des Vulkan Eldiscreto und kam aus 24 km Tiefe.
Vergleichsweise ruhig war es nach dem Bebenschwarm der letzten Tage auf La Palma. Nur ein Erdstoß von ML1,5 wurde um 23.20 Uhr von den Seismografen aufgezeichnet. Das Zentrum lag im Süden der Insel unter der Verbindungsstraße Fuencaliente Richtung El Paso. Die Tiefe lag bei 25 km (Foto oben)
Warum kommt die Vulkanaktivität parallel?
Um die Vulkanaktivität in der vergangenen Nacht besser zu erkennen – hier die drei Schwerpunkte markiert.
Knapp 100 km trennen die Aktionsgebiete der jüngsten Vulkanaktivität. Im Kreuzungspunkt liegt vermutlich in der Tiefe der Hotspot. Eine große Magmakammer mit einem stationären Festpunkt. Über diese Magmakammer gleitet langsam die afrikanische Festlandplatte Richtung Nordosten. Mit jährlich 3 bis 5 cm kriecht sie im Schneckentempo über den Hotspot hinweg (siehe auch „Lavatunnel bis nach Afrika?“).
Alle Vulkanaktivitäten und auch die jüngsten Erdbeben auf La Palma, El Hierro und Teneriffa finden hier ihren Ursprung. Ein weit verzweigtes Kanalsystem verbindet den Hotspot mit den höher liegenden Magmablasen. Auf jeder Magmablase ist im Laufe von Jahrmillionen eine eigene Insel gewachsen. Die Westinseln El Hierro (1,2 Mio.) und La Palma (1,8 Mio. Jahre) sind dabei die Jüngsten – vergleiche dazu Fuerteventura/ Lanzarote 24 Mio. Jahre alt.
La Palma und El Hierro sind noch „Kinder“ in der geologischen Entstehungsphase. Hunderte Vulkanausbrüche sind hier noch zu erwarten. Die Verbindungskanäle zu den Magmablasen sind jung und noch offen. Zur Zeit dürfte der Hotspot neuen Magmanachschub aus dem Erdinnern erhalten. Mit dem Druckanstieg in der Kammer versuchen die Vulkangase und das Magma einen Ausgang zu finden. Das Vordringen verursacht Erdbeben und eine erhöhte Gasdiffusion an der Oberfläche.
Werden die Austrittsgase gemessen?
Bereits seit einigen Jahren beobachtet die Involcan (Grafik) erhöhte Gaswerte auf La Palma. Nicht nur erhöhte Kohlendioxid oder Schwefelwerte, auch eine besondere Heliumart zeigt als Indikator genau den eben beschriebenen Entwicklungszyklus an. Interessant vielleicht „Wie gefährlich sind Vulkangase?“
Es wird also zu einem neuen Vulkanausbruch kommen. Ob in den nächsten Monaten oder erst in einigen Jahren. Ich bin kein Wissenschaftler – aber auch ein Vulkanologe kann diese Frage nicht beantworten. Im Rhythmus von 30 bis 40 Jahren haben wir in der Vergangenheit Eruptionen erlebt (San Juan 1949/ Teneguia 1971). 46 Jahre sind seit dem letzten Ausbruch inzwischen vergangen.
Heute stehen wir im Anfangsstadium einer neuen Reaktivierungsphase unseres vulkanischen Untergrundes. Genaues beobachten und analysieren zeigt rechtzeitig schon Wochen im voraus eine drohende Eruption an. Genügend Zeit darauf zu reagieren. Heute werden von der IGN noch zusätzliche Messgeräte auf La Palma installiert.
Morgen am 11. Oktober 2017 will erstmals die PEVOLCA ( Katastrophenstab für Notfall und Vulkan Risiken) hier auf der Insel tagen. Besetzt mit Fachleuten (Vulkanologen, Geologen, Meeresforscher, Sicherheit und Verwaltung). Ich wünsche mir nur dieses Mal eine ehrliche Öffentlichkeitsarbeit. Keine Beschwichtigungen und „alles normal“ – wie das 2011 auf El Hierro zu erleben war. Schon die Tatsache, dass der Katastrophenstab tagt ist kein „Normalfall“.
Die Kanaren sind bestens ausgerüstet, haben Fachleute und viel Erfahrung mit Vulkanen. Wir leben auf einer Vulkaninsel und müssen auch mit Eruptionen rechnen. In vielen Krisensituationen – ich denke an die Waldbrände – hat die Verwaltung bewiesen, dass innerhalb kürzester Zeit alles notwendige mobilisiert und erfolgreich zu Ende gebracht wurde.
Ich denke die Zeit ist reif. In Intervallen hat sich bisher die Magmakammer entleert.1949 der Vulkan San Juan und 1971 der Teneguia und früher verlief es ähnlich. 46 Jahre war es unter La Palma nun ruhig. Jetzt meldet sich mit Beben der Untergrund wieder.
Wie akut und schnell weiß allerdings niemand. Es könnte in einigen Wochen, aber auch erst in einigen Jahren wieder soweit sein. Den Fortgang und die vulkanische Entwicklung muss man genau beobachten. Ich bin kein Hellseher und kann nur Vorgänge die auf El Hierro 2011 zu beobachten waren vergleichen.
Gruß
Manfred
Hallo Herr Betzwieser, seit mehreren Wochen lese ich diesen Blog hier schon und finde Ihre Ausführungen unglaublich interessant und informativ. Was ist denn Ihre persönliche Einschätzung zu einer bevorstehenden Eruption? Eher wahrscheinlich oder eher unwahrscheinlich? Viele Grüße, Markus