Das Inselprojekt Gorona del Viento – Teil 5 -
Die grenzenlos vorhandene natürliche Energiequelle anzapfen und Strom gewinnen, war das Ziel auf El Hierro. Regenerative Energie aus der Sonne und mit der umgewandelten Strahlungsenergie aus Wind und Wasser komplett die Insel mit Strom versorgen.
Ein ehrgeiziges Projekt, das bereits Ende der 1990-er Jahren gedanklich Gestalt annahm. Es war der damalige Vizepräsident der Insel, Javier Morales, der die Idee vorantrieb und als geistiger Vater von Gerona del Viento bezeichnet werden darf. Siehe auch mein Gespräch mit Javier Morales im Jahre 2012 „Nur Visionen bringen Fortschritt“.
Natürlich Energiequelle kein Perpetuum Mobile
Seit 2014 ist das Projekt nun fertiggestellt und es wird die natürliche Energiequelle Sonne genutzt. Die Zielvorgabe 100 Prozent Strom aus regenerativer Energie zu erzeugen, wurde nicht (ganz) geschafft. Rund 60 % stammen aus erneuerbarer Energie. Für die restlichen 40 % muss das alte Dieselkraftwerk unweit des Hafen La Estaca weiter dampfen und Schadstoffe in die Atmosphäre abgeben.
Während meines Besuchs vor einigen Tagen hatten wir regen Wind und der Strom konnte tatsächlich komplett an diesen Tagen aus der Windkraft gewonnen werden. Das Dieselkraftwerk lief nur im Stand-by Modus und ohne Rauchfahne.
Auch gestern sah die Energiebilanz gut für El Hierro aus (siehe Grafik). Die genauen Daten und die CO2 Bilanz lassen sich auf der ElectricityMap und der RED ELECTRICA DE ESPAÑA aktuell ablesen (Danke an Rainer Strassburger).
Im Jahresdurchschnitt 2018 wurden genau 56,6 % des El Hierro-Strom aus regenerativer Energie gewonnen.
Experten sind der Meinung, dass das Speicherbecken oberhalb von Valverde zu klein ausgelegt wurde und nicht genügend Wasserreserve speichern kann. Durch die Kombination von Wind- und Wasserkraft wird an windstillen Tagen, Wasser über dicke Fallrohre zu Tal in Turbinen abgelassen, um Strom zu erzeugen.
Auch bringt die schnelle Umstellung von Wind- zu Wasserkraft große Schwankungen ins Stromnetz und würde ohne Dieselkraftwerk als Puffer schnell zu einem Blackout führen.
Es war ein Versuch, ein Experiment und Prototyp unterschiedliche natürliche Energiequellen zu kombinieren. Aus Fehlern lernt man.
In Zukunft würden mehrere Speicherbecken vielleicht eine bessere Bilanz bringen. Aufgrund des Vulkanismus auf El Hierro und der immer wieder auftretenden Erdbeben werden größere Becken mit der Zeit undicht. Maximale Beckengrößen von 380.000 m³, wie das vorhandene Speicherbecken, sind hier die Schmerzgrenze.
Seit 12 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit dem Gorona Projekt und der natürlichen Energiequelle. Wer sich etwas tiefer einlesen möchte, sei mein Buch „Geheimnisvolles El Hierro“ oder alte Beiträge wie hier empfohlen.
Welcher Eindruck bleibt zurück
Eine natürliche Energiequelle zu nutzen, ist prima. Sie steht fast das ganze Jahr zur Verfügung. Dabei weniger Abgase zu erzeugen und die begrenzt vorhandenen Ressourcen, wie Erdöl zu schonen, positiv. Im Vergleich bringen es die Nachbarinseln La Gomera auf 0.00 % und La Palma an guten Tagen auf höchstens 19 % an regenerativer Energie-Erzeugung.
Ein derartiges Projekt zu bauen, zu finanzieren und auch erfolgreich zu Ende zu bringen, verdient Anerkennung. Wenn auch nicht die Wunschvorstellung von 100 % Strom aus regenerativer Energie erreicht wurde, sollen andere Länder dies erst einmal nachmachen.
Ob sich natürlich der Kostenaufwand von fast 90 Mio. Euro bei 7.000 Insulanern lohnt und in einem gesunden Verhältnis steht, ist eine andere Sache. Auch die laufenden Folgekosten sind nicht zu unterschätzen. Der Strompreis für die Einwohner von El Hierro wurde dadurch nicht günstiger. Dies hängt aber mit den spanischen Einheitstarifen zusammen.
Material und Natur wird auch bei einem alternativen Energieprojekt verbraucht. Ob beim Einsatz der Rohmaterialien für Turbinen oder Becken oder die Umgestaltung der Landschaft und der Bodenverbrauch. Windräder, Rohrleitungen, Maschinenhallen und Speicherbecken brauchen viel Platz.
Ob nun die riesigen Windräder eine Verschönerung und Bereicherung für die Insel darstellen, soll jeder selbst einschätzen. Alles hat zwei Seiten und hat bei jedem menschlichen Eingriff auch wieder eine Schattenseite.
Grundsätzlich stehe ich dem Experiment „Gorona“ positiv gegenüber. Auch wenn mich die ständigen „Jubelmeldungen“ des Cabildo El Hierro und der Betreiberfirma kräftig nerven. Geklapper – scheint aber zum politischen Alltagsgeschäft zu gehören.
Meine persönliche vor Ort Langzeitbeobachtung:
https://casaprimavera.de/rst-cloud-data/#elf_l1_Lw
Gran Canaria + auch Teberiffa + sogar Gomera holen im Vergleich zu El Hierro wirklich auf.
Prima lässt sich hier live die Situation beobachten:
https://app.electricitymaps.com/zone/ES-CN-HI
https://demanda.ree.es/visiona/canarias/el_hierro5m/acumulada/2023–10-02
Ja es gibt nur wenige Tage wo mehr genutzt werden kann – https://demanda.ree.es/visiona/canarias/el_hierro5m/acumulada/2023–10-03
Hallo Herr Strassburger,
danke für den Hinweis.
Gruß von La Palma
Manfred Betzwieser
Hallo Herr Betzwieser,
Gorona del Viento veröffentlicht endlich wirklich detailierte Daten selber seit ca im Maerz 2019 die Homepage überarbeitet wurde.
siehe Homepage:
http://www.goronadelviento.es/
english:
http://www.goronadelviento.es/en/
Daten ‑leider nicht life:
http://www.goronadelviento.es/en/statistical-information-and-data/
Hoffe hilft weiter
Gruss von El Hierro
Rainer Strassburger