El Hierro unter Druck: Wie den Migranten-Ansturm bewältigen?

Rettungskreuzer - Migranten-Ansturm

Wie reagiert die Insel auf den Migranten-Ansturm?

Im Jahr 2023 muss­te die Insel El Hier­ro einen Migran­ten-Ansturm ver­kraf­ten, der die Ein­woh­ner­zahl weit über­traf. Es kamen  14.535 ille­ga­le Emi­gran­ten in 154 Cayu­cos, wie die Flücht­lings­boo­te benannt wer­den, bei knapp 10.000 Inselbewohnern.

In die­sem Jahr wur­den bis Ende April 2024 schon 7.936 Migran­ten gezählt, die im Hafen La Res­t­in­ga stran­de­ten. Auch wur­den sechs Todes­fäl­le und 52 Ver­miss­te regis­triert. So die bis­he­ri­ge Bilanz.

Auf La Pal­ma kam im ent­spre­chen­den Zeit­raum kein Boot an. Die Nach­bar­insel La Gome­ra hat­te ein Boot mit 18 Flücht­lin­gen zu verzeichnen.

Vor Ort direkt recherchiert

Das woll­te ich mir ein­mal etwas genau­er anschau­en und habe in Gesprä­chen und mit eige­nen Augen die Situa­ti­on selbst erlebt.

Wenn man die Fotos von Lam­pe­du­sa und ande­ren Flücht­lings Schwer­punk­ten anschaut, wird auf El Hier­ro ein ähn­lich chao­ti­sches Bild erwar­tet. Dem ist aber nicht so!

Der gro­ße Flücht­lings­strom geht fast unbe­merkt für die Öffent­lich­keit über die Büh­ne. Als Tou­rist scheint alles in alter Ord­nung zu sein. Weder im Osten um die Haupt­stadt Val­ver­de noch im Gol­fo­tal auf der West­sei­te ist davon etwas zu sehen oder zu spü­ren. Auch die Bevöl­ke­rung kann dazu nicht viel erzäh­len. Die Stand­or­te und der gro­be Ablauf sind wohl­be­kannt, aber kei­ne nähe­ren Einzelheiten.

Erstaufnahme - Migranten-Ansturm

Erst­auf­nah­me durch das Rote Kreuz im Hafen von La Restinga

Ledig­lich im Süden im Hafen La Res­t­in­ga unter­hält das Rote Kreuz ein Auf­nah­me­la­ger für ers­te medi­zi­ni­sche Unter­su­chun­gen und Maß­nah­men. Hier ver­wei­len die ange­kom­me­nen Emi­gran­ten nur für weni­ge Stun­den, um mit Bus­sen in das Sam­mel­la­ger zur Regis­trie­rung nach San And­res im Mit­tel­teil der Insel ver­legt zu werden.

Ein ver­deckt lie­gen­des Zelt­la­ger, das von der Natio­nal­po­li­zei betrie­ben und orga­ni­siert wird. In rund 20 Zel­ten mit aller not­wen­di­gen Infra­struk­tur wird die Regis­trie­rung und die Asyl­an­trä­ge erstellt. Hier dürf­te sicher Platz für über 1.000 Flücht­lin­ge sein. Nach spä­tes­tens 72 Stun­den ver­las­sen die Emi­gran­ten wie­der das Lager auf Fäh­ren und Poli­zei­boo­ten Rich­tung Tene­rif­fa. Was danach geschieht, konn­te oder woll­te mir nie­mand sagen.

Das Zelt­dorf scheint ein Sicher­heits­be­reich zu sein und war bei mei­nem Besuch, außer der Poli­zei, leer. Mei­ne geschos­se­nen Bil­der von außer­halb des Zau­nes, an dem kei­ne Schil­der oder sons­ti­ge Hin­wei­se ange­bracht waren, muss­te ich an Ort und Stel­le umringt von Natio­nal­po­li­zis­ten sofort wie­der löschen. Man möch­te anschei­nend unnö­ti­ge Publi­ci­ty vermeiden.

Für unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge wer­den zwei extra Zen­tren bereit­ge­hal­ten. Das eine ist das ehe­ma­li­ge Klos­ter im Gol­fo­tal und eine wei­te­re Ein­rich­tung in Val­ver­de. Geflüch­te­te Kin­der und Jugend­li­che kön­nen sich hier unter stän­di­ger Betreu­ung län­ger auf­hal­ten, bevor die Rei­se dann wei­ter auf Nach­bar­inseln oder Fest­land­spa­ni­en geht. Bereits jetzt ste­hen Kana­ren weit 5.000 unbe­glei­te­te Jugend­li­che unter Vor­mund­schaft der kana­ri­schen Regierung.

Kloster

Das ehe­ma­li­ge Klos­ter im Gol­fo­tal für die Auf­nah­me von Minderjährigen

Im Sommer 2024 erwarten die Kanaren 70.000 Flüchtlinge

Für die Som­mer­mo­na­te berei­tet sich die Insel­grup­pe auf 70.000 neue Emi­gran­ten vor. Davon dürf­ten wie­der vie­le El Hier­ro ansteuern.

Fast die Hälf­te der Ankünf­te auf den Kana­ren machen Mali­er aus (44 Pro­zent), danach fol­gen die Sene­ga­le­sen (15 Pro­zent), Mau­re­ta­nier (10 Pro­zent) und Marok­ka­ner (8 Pro­zent). Die letzt­ge­nann­ten drei Län­der tei­len sich die afri­ka­ni­schen Küs­ten­ab­schnit­te in der Nähe der Kana­ren. Dabei ist das mau­re­ta­ni­sche Nouad­hi­bou (der nörd­lichs­te Küs­ten­ort des Lan­des) 766 Kilo­me­ter, das sene­ga­le­si­sche Saint-Lou­is sogar 1.300 Kilo­me­ter von der Insel El Hier­ro entfernt.

Hier wie im Mit­tel­meer wird spe­ku­liert, ob die Migran­ten und klei­nen Schlep­per die­se Ent­fer­nung allein in ihren Boo­ten zurück­le­gen kön­nen oder dabei von grö­ße­ren Akteu­ren unter­stützt wer­den. All­ge­mein wird davon aus­ge­gan­gen, dass die Rou­te eine der töd­lichs­ten ist, auch wenn es dazu kaum Zah­len gibt

Die Fra­ge, ob das Migran­ten­pro­blem auf El Hier­ro als Fluch oder Segen betrach­tet wer­den soll­te, ist eine kom­ple­xe und kon­tro­ver­se Ange­le­gen­heit. Es gibt ver­schie­de­ne Per­spek­ti­ven und Mei­nun­gen zu die­sem The­ma, die von der indi­vi­du­el­len Sicht­wei­se abhän­gen können.

Was ich auf El Hier­ro mit dem Umgang der Migran­ten gese­hen habe, hat mich posi­tiv über­rascht. Aller­dings muss auf Dau­er eine ande­re Mög­lich­keit oder Per­spek­ti­ve gefun­den wer­den, da sonst der Zustrom nicht abrei­ßen wird.

 

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2 Kommentare zu "El Hierro unter Druck: Wie den Migranten-Ansturm bewältigen?"

  1. „Für unbe­klei­de­te Min­der­jäh­ri­ge wer­den zwei extra Zen­tren bereitgehalten.“
    Na, ich hof­fe doch sehr, dass hier „unbe­glei­te­te“ gemeint ist.

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