Südfrüchte landen auf dem Müll -
Was auf den ersten Blick bunt und fröhlich aussieht, ist eine Früchtevernichtung im großen Stil. Hier sind es Tomaten und Gurken (Foto: Kris Rus Lit), die im Nordosten der Insel Gran Canaria vor sich hin gammeln.
Die Überproduktion die sich nicht exportieren lässt, fliegt einfach auf den Müll. Nur wenige hundert Kilometer entfernt in Afrika, verhungern dagegen Menschen.
Ein Widerspruch der zum Himmel schreit.
Es ist die irrsinnige Agrarpolitik der EU die selbst diese menschenverachtende Früchtevernichtung subventioniert. Erst wird mit Millionen-Subventionen der Anbau gefördert und dann die Überproduktion wieder mit Zuschüssen vernichtet. Kein normaler Mensch kann beim Anblick dieses Frevel darüber hinweg sehen und kommentarlos diese Früchtevernichtung akzeptieren.
Nicht nur Tomaten oder Gurken, sondern auch Bananen landen auf dem Müll. Keine Ausschussware oder fehlerbehaftete Früchte – Nein – 1A Handelsware verrottet.
„Lebensmittel wirft man nicht weg“ – ein Ausspruch meiner Mutter, der mir im Gedächtnis haftet. Menschen die den Krieg erlebt haben, wissen was „Hungern“ heißt.
Allein bei den Bananen landen auf den Kanaren rund 1 Million Kilo pro Jahr auf dem Müll. Als verderbliches Lebensmittel lassen sich Bananen, Gurken oder Tomaten nicht so einfach auf Halde legen. Sie müssen verkauft werden oder verrotten.
Es ist die Kombination aus den Sommerferien und erhöhter Wettbewerb aus Südamerika, der meist im Sommer ein Überangebot entstehen lässt. Zudem Reifen gerade in den warmen Monaten die Früchte besonders schnell.
Der Bananen-Markt, zu 95 % das spanische Festland, kann rund 4 Millionen Kilo Plátanos, wie die Bananen hier heißen, aufnehmen. Produziert werden aber auf den Kanarischen Inseln rund 6,5 Millionen Kilo Bananen. Der Löwenanteil von rund 40 % allein auf La Palma.
Damit der Preis gehalten wird, müsse der Überschuss vernichtet werden. So die Erklärung der Verbände und der Beamten der Brüsseler EU Bürokratie. Dafür gibt es für jedes vernichtete Kilogramm Bananen noch 35 Cent. Bei einem normalen Verkaufspreis saisonal schwankend zwischen 50 und 60 Cent, immer noch ein lohnendes Geschäft bzw. kein Verlust. Siehe auch hierzu mein Beitrag vom 14.Juli 2012.
Viele Bananenanbauer (hier Plátaneros) verstehen auch nicht, warum ihre mühselige Arbeit nachher wieder vernichtet wird. Es sind meist Kleinbauern, die sich in Cooperativas (Genossenschaften) vereint haben. Sie haben nicht die Möglichkeit ihre Produkte über Kontinente schnell zu vermarkten und sind hilflos den Verbänden ausgeliefert.
Das ist unser Wirtschaftssystem das sich nur nach Geld und Gewinn richtet. Hungernde Menschen spielen dabei keine Rolle.
Der kanarische Bananen-Absatzmarkt beschränkt sich auf das spanische Festland und Portugal. Versuche den Verkauf unserer fruchtigen und wohlschmeckenden Bananen auch auf Deutschland auszudehnen, brachte bislang keinen Erfolg. Es ist nicht die Größe der Frucht, die oft fälschlicherweise als nicht „EU normgerecht“ genannt wird, sondern der Preis.
Die Produktionsstunde liegt z.B. auf La Palma doppelt so hoch, als in Südamerika. Der Verbraucher ist einfach nicht bereit, mehr für die gelbe Frucht zu zahlen. Die Konsequenz ist eine Früchtevernichtung im großen Stil.
Die Alternative wäre Subventionsabbau, was dann vielen Palmeros ihren Arbeitsplatz kosten würde. Die Insel lebt einfach zu 70% vom Bananenanbau. Die Umstellung auf andere Früchte hätte ähnliche Konsequenzen zur Folge. Es geht also so weiter.
Früchtevernichtung aber auch in Deutschland
Jeder zweite Salat, jede zweite Kartoffel, die in Deutschland angebaut und geerntet wird, schafft es nicht bis auf den Teller. 500 000 Tonnen Brot produzieren die deutschen Bäcker für den Müll.
Hier sind es nicht die Subventionen, sondern die Einstellung der Verbraucher zu großzügig mit ihren „kostbaren“ Lebensmitteln umzugehen.
Billige Lebensmittel stellen leider für viele Wohlstandmenschen keinen Wert dar. 20 Millionen Tonnen Lebensmittel wandern allein in Deutschland jedes Jahr auf den Müll. Zu viel eingekauft, zu große Portionen gekocht oder weil es nicht schmeckt.
Es bringt also nichts mit dem Finger nur auf die Anderen zu zeigen. Die Einstellung und Lebensweise auch in Deutschland muss sich ändern. Das geht nicht von heute auf morgen. Solange die Politik und das schulische Bildungswesen weiter diese Verschwendung und den ungehemmten Konsum als beste Lebensart propagandieren, wird sich leider auch daran nicht viel ändern.
Hola, Herr Betzwieser,
„Lebensmittel wirft man nicht weg“. Das sagte auch meine Oma, denn damals wusste man Nahrungsmittel noch zu schätzen.
Ihr neuer Beitrag ist erschütternd, und wir müssen uns über Flüchtlingsströme nicht wundern. Aktuell lässt man uns teilhaben an dem Elend hungernder Menschen, die Fotos gehen um die Welt. Wie viele Leben könnten alleine durch diese Früchte gerettet werden! Aber die Gier nach Geld ist grenzenlos, und nicht nur Flüchtlingsströme, sondern auch die menschliche Dummheit kennt keine Obergrenze.
Ja, auch in Deutschland werden Massen von Lebensmittel weggeworfen, weil sie optisch nicht ins Schema passen.
Wie Herr Anton Hofreiter, der La Palma besucht hat, wohl darüber denkt?
Ob er es bemerkt hat, dass die ach so unförmigen Bananen auf La Palma so viel aromatischer sind?
Ihnen vielen Dank für diesen Bericht und Ihre wertvolle Meinung, die ich absolut teile.
Grüsse nach La Palma
Sabine Schmid