Vulkaninferno heute um 15.12 Uhr vor einem Jahr

Vulkan - Vulkaninferno

Vulkaninferno hinterlässt tiefe Spuren auf La Palma -

Die feu­er­spei­en­den Ber­ge mit einem Vul­kan­in­fer­no fas­zi­nie­ren die Men­schen seit Ange­den­ken. Vie­le Völ­ker hiel­ten die Vul­ka­ne für den Sitz ihrer Göt­ter. Wenn sie aus­bra­chen, dann hat­ten die Men­schen den Zorn der Göt­ter her­auf­be­schwo­ren. Das Titel­fo­to war eine der ers­ten Auf­nah­men, das den Beginn der Erup­ti­on dokumentiert.

Auch La Pal­ma als akti­ve Vul­kan­in­sel muss­te jeder­zeit mit die­ser Natur­ge­walt rech­nen. Nicht die Rache der Göt­ter, son­dern heu­te bekann­te Geset­ze der Natur ver­än­dern und gestal­ten Natur­räu­me um. Jeder Ein­woh­ner und Resi­dent wuss­te Bescheid und war gewarnt, was ihn erwar­ten und sei­ne Exis­tenz aus­lö­schen könn­te. Wer Natur­ge­set­ze igno­riert, miss­ach­tet oder blind ver­traut und sich in bekann­te Gefah­ren­zo­nen nie­der­lässt, fühlt sich der Natur über­le­gen und darf sich über ein Vul­kan­in­fer­no nach­her auch nicht wundern.

Wie oft hat­te ich schon über Vul­ka­ne und die Fol­gen geschrie­ben. Trotz­dem baut der Mensch, ange­stif­tet von sei­nen poli­ti­schen (Ver)Führern, die oft pri­va­te finan­zi­el­le Inter­es­sen ver­fol­gen, Orte, Tou­ris­ten­kom­ple­xe, Heil­bä­der und Häu­ser in Gebie­te, die nach wis­sen­schaft­li­cher Ein­schät­zung über kurz oder lang unter einer Lava-Lawi­ne ver­schwin­den wer­den. Auch der gesam­te Süden und Süd­wes­ten von La Pal­ma gehört zu die­sem Bereich.

Vulkanausbruch

Blick am Mor­gen des 20. Sep­tem­ber 2021 von mei­ner Ter­ras­se auf der Ost­sei­te auf den 10 km ent­fern­ten Vulkanausbruch

 

Chronologie der Ereignisse vor einem Jahr

Ein eruptiver Prozess wird sehr wahrscheinlich

Der 3. Vulkanausbruch in 72 Jahren auf La Palma? – mein Beitrag vom 19. September 2021 am Morgen

Ein erup­ti­ver Pro­zess, also ein Vul­kan­aus­bruch, auf La Pal­ma wird sehr wahr­schein­lich. Das war ges­tern Abend die Kern­aus­sa­ge des wis­sen­schaft­li­chen Direk­tors von INVOLCAN, Neme­sio Pérez, auf einer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung mit Anwoh­nern im Ter­re­ro Feder­i­co Simón in El Paso. „Wo, das wis­sen wir nicht genau.“

Es wer­den bei Bedarf und vor­beu­gend zunächst nur Per­so­nen eva­ku­iert, die sich im Umkreis von 2 Kilo­me­tern um die Fis­sur (Spal­ten­öff­nung, Erup­ti­on­s­tel­le) befin­den. Im Not­fall wird der Kreis vergrößert.

Der mögliche Ernstfall rückt immer näher

In der Nacht wur­den mehr als 100 seis­mi­sche Bewe­gun­gen in weni­gen Kilo­me­tern Tie­fe regis­triert.  Die höchs­te Magni­tu­de mit ML3,3 fand heu­te Mor­gen um 07:28 Uhr in der Gemein­de El Paso statt und war ober­fläch­lich. Spä­ter, um 7.49 Uhr, eben­falls in El Paso, wur­de ein Erd­be­ben von 2,4 in einer Tie­fe von 1 Kilo­me­ter regis­triert und um 8.12 Uhr ein Erd­be­ben von ML3,2 eben­falls 1 Kilo­me­ter tief, eben­falls in der Gemein­de El Paso.

15.11 Uhr – Inner­halb der letz­ten Stun­de vie­le neue Beben zwi­schen ML2,0 und ML2,7 aus 2 bis 5 km Tiefe.

Vulkanausbruch ist erfolgt

15.12 Uhr – La Pal­mas neu­er Vul­kan bricht in Mon­ta­ña Raja­da in El Paso aus.

Und das war dann mein Bei­trag vom 20. Sep­tem­ber 2021

Der neue Vulkan von La Palma ist geboren

Vulkan

Foto von Mat­thi­as Fuchs (Dan­ke) kurz nach Eruptionsbeginn

Die Folgen dieser Eruption

DAUER:  85 Tage und acht Stun­den Erup­ti­on, vom 19. Sep­tem­ber bis 13. Dezem­ber 2021, die längs­te, die die Insel seit dem 15. Jahr­hun­dert erlit­ten hat, und die drit­te in der Geschich­te der Kana­ri­schen Inseln, nach Tim­an­fa­ya, auf Lan­za­ro­te (2.055 Tage, zwi­schen 1730 und 1736) und der unter­see­ische Tago­ro-Vul­kan (Eldis­creto) auf El Hier­ro 147 Tage, im Jahr 2011.

LAVA VOLUMEN:  Laut der neu­es­ten 3D-Kar­to­gra­phie des Natio­na­len Insti­tuts für Vul­ka­no­lo­gie Ita­li­ens hat der Vul­kan 217 Mil­lio­nen Kubik­me­ter Mate­ri­al aus­ge­sto­ßen, ohne das Mate­ri­al zu zäh­len, das sich unter dem Meer in den bei­den gebil­de­ten Del­tas an der Küs­te von Taza­cor­te abge­la­gert hat.

Mit ande­ren Wor­ten, es emit­tier­te so viel Mate­ri­al wie die sechs vor­an­ge­gan­ge­nen Vul­kan­aus­brü­che in der Geschich­te von La Pal­ma zusam­men, mit durch­schnitt­lich 27 Kubik­me­tern pro Sekun­de (m3/s), eine Rate, die sich an man­chen Tagen 60 m³/s näherte.

VULKAN KEGEL:  Nimmt eine Flä­che von 0,6 km² (60 Hekt­ar) ein, auf der 36,5 Mil­lio­nen Kubik­me­ter Mate­ri­al abge­la­gert wur­den, das einen 187 Meter hohen Berg in einer bis dahin ein­ge­zo­ge­nen Sen­ke des West­hangs der Cumbre Vie­ja erhob. Der Gip­fel des Vul­kans liegt auf einer Höhe von 1.121 Metern.

LAVASTRÖME Lava bedeck­te 11,8 km² (1.180 Hekt­ar) oder 1,69 % der Ober­flä­che der Insel. Die­se gewal­ti­ge Plat­te aus geschmol­ze­nem Gestein, die lang­sam von den 1.140 Grad abkühlt, bedeckt sechs Kilo­me­ter vom Kegel bis zur Küs­te mit einer maxi­ma­len Brei­te von drei Kilo­me­tern und hat eine Aus­deh­nung, die fast aus­rei­chen wür­de, um die Stadt Mel­il­la (12,3 km²) – spa­ni­sche Enkla­ve in Marok­ko – zu bedecken.

Er besteht aus 177,6 Mil­lio­nen Kubik­me­tern Mate­ri­al, des­sen durch­schnitt­li­che Dicke 15 Meter über­steigt, an eini­gen Stel­len jedoch 65 Meter erreicht, genug, um Sta­di­en wie das Camp Nou (48 m) oder das Sant­ia­go Ber­nabéu (45 m) voll­stän­dig zu bedecken.

DIE DELTAS:  Beim Errei­chen des Mee­res bil­de­te die Lava zwei Del­tas an der Küs­te von Taza­cor­te, die sich auf 48 Hekt­ar Flä­che sum­mie­ren, es ist das jüngs­te Land in Spa­ni­en. In den größ­ten, 43,4 Hekt­ar, passt der gesam­te Vatikanstaat.

DIE ZERSTÖRUNG

Mehr als 7.000 Men­schen wur­den aus ihren Häu­sern eva­ku­iert, vie­le von ihnen zumin­dest wäh­rend der drei Mona­te, die der Aus­bruch andau­er­te. Das sind 8,2 % der Bevöl­ke­rung von La Palma.

2.329 Men­schen leb­ten in dem von Lava oder Asche bedeck­ten Umfeld der drei Gemein­den, die die Lava­strö­me durch­que­ren, El Paso, Los Llanos de Ari­dane und Tazacorte.

1.676 Gebäu­de wur­den durch die Lava­mas­sen zer­stört oder beschä­digt, dar­un­ter 1.345 Woh­nun­gen, 180 land­wirt­schaft­li­che Gerä­te­räu­me, 75 Indus­trie­ge­bäu­de, 44 Frei­zeit- und Hotel­ein­rich­tun­gen und 16 Gebäu­de für die öffent­li­che Nut­zung, wie Schu­len oder Kir­chen. Gan­ze Stadt­tei­le, wie Todo­que, exis­tie­ren nicht mehr und ande­re, wie La Lagu­na, haben Lava­strö­me, die durch Stra­ßen laufen.

73,8 Kilo­me­ter Stra­ßen und Wege wur­den ver­schüt­tet, die über­wie­gen­de Mehr­heit (65%) in Los Llanos de Aridane.

370 Hekt­ar Anbau­flä­che betrof­fen, dar­un­ter 228 Hekt­ar Bana­nen, 68 Hekt­ar Wein­ber­ge und 27 Hekt­ar Avocado.

982 Mil­lio­nen Euro an Schä­den aller Art an öffent­li­chem und pri­va­tem Eigen­tum, laut Schät­zung der Regie­rung der Kana­ri­schen Inseln.

DER WIEDERAUFBAU

Wie ich nun seit 365 Tagen fast täg­lich berich­te, geht der Wie­der­auf­bau der Infra­struk­tur recht zügig vor­an. Nicht alle sind zufrie­den oder füh­len sich benach­tei­ligt und durch die Poli­tik schlecht infor­miert. Nicht jedem kann alles recht gemacht wer­den. Die Ver­ant­wort­li­chen bemü­hen sich, auch wenn es zu Fehl­ein­schät­zun­gen oder unsin­ni­gen Pla­nun­gen mit erheb­li­chen Kos­ten kommt.

Beim Impro­vi­sie­ren ist La Pal­ma Spit­ze. Egal, wel­che Cou­leur gera­de das Sagen hat. Das habe ich schon oft bei gro­ßen Wald­brän­den oder ande­ren Kata­stro­phen hier auf der Insel erlebt. Das soll ein ande­res Land erst ein­mal bes­ser machen!

13.09 UhrVie­le wer­den sich dar­an erin­nern, wie spek­ta­ku­lär und ein­zig­ar­tig die­ses Phä­no­men ist, aber wir dür­fen all jene nicht ver­ges­sen, die alles ver­lo­ren haben und immer noch auf Hil­fe warten.

Dienstag, der 20. September 2022

9.20 Uhr - Der neue Vul­kan hat offi­zi­ell noch kei­nen Namen. Dar­über ist jetzt wie­der eine Dis­kus­si­on ent­brannt. Denn die Platt­form „Revi­ver El Val­le“ ist kein gül­ti­ger Gesprächs­part­ner, um eine Abstim­mung vor­zu­schla­gen, um einen belie­bi­gen Namen zu bestim­men. Auch lie­ge das Gebiet „Tajo­gai­te“ ein gan­zes Stück vom Vul­kan entfernt.

Wenn es sonst kei­ne Sor­gen gibt! Der Name „Cabe­za“ wür­de mir auch bes­ser gefal­len und ist leich­ter merkbar.

9.50 Uhr - Noch so eine Sache – Das Cabil­do de La Pal­ma hat das Pro­jekt für das Denk­mal La Puer­ta del Futu­ro ange­kün­digt, eine Skulp­tur, die im Kreis­ver­kehr am Nord­ein­gang der Stra­ße errich­tet wird, die die bei­den Hän­ge der Lava­strö­me des letz­ten Vul­kans der Insel ver­bin­det, zwi­schen La Lagu­na und Las Norias.

Denk­mal im neu­en Kreisverkehr

  • Fort­set­zung folgt

Wetter La Palma



La Palma

5 Kommentare zu "Vulkaninferno heute um 15.12 Uhr vor einem Jahr"

  1. Hal­lo Herr Betzwieser,
    Gra­tu­la­ti­on zum Ein­jäh­ri­gen … ist wohl nicht angebracht.
    Trotz­dem ein Dickes Dan­ke­schön ! für Ihre Hautnah-Berichte.
    Kuni­gard aus Darm­stadt, der eigent­lich Die­ter heißt

  2. Moin, Olfis Bemer­kung mit dem Rad­weg war gewiss Iro­nie. Aber im Ernst: Natür­lich gibt es Men­schen auf LaPal­ma die sich über­gan­gen füh­len oder denen es nicht schnell genug geht. Aber im All­ge­mei­nen fin­de ich den Prag­ma­tis­mus und die opti­mis­ti­sche Her­an­ge­hens­wei­se bewundernswert.

  3. Ich lese immer mit Erstau­nen. wie schnell bei euch z.B. die Stras­sen wie­der her­ge­stellt wer­den. Auch wenn es zunächst pro­vi­so­risch ist. In Deutsch­land wäre ver­mut­lich jedes Pro­jekt gericht­lich gestoppt, weil irgend­ei­ner sich beläs­tigt fühlt. Und über­haupt, wie­so haben die neu­en Rou­ten kei­ne abge­trenn­ten Fahrradspuren?

    • Das ist noch kei­ne rich­ti­ge Stra­ße über das Lava­feld. Mehr eine bes­se­re und unebe­ne Pis­te. Dar­un­ter ist es noch sehr heiß. Fahr­zeu­ge dür­fen nicht ste­hen blei­ben und müs­sen zügig fah­ren. Für Fuß­gän­ger und Rad­fah­rer noch nicht geeig­net und zumin­dest für Fuß­gän­ger auch gesperrt. Spä­ter kommt viel­leicht, wenn die Pis­te als Stra­ße rich­tig aus­ge­baut ist, auch ein Rad­weg dazu.

    • Christian Steiner | 20. September 2022 um 21:53 | Antworten

      In Deutsch­land wären auf dem Lava­feld meh­re­re Arten von Insek­ten, Fle­der­mäu­sen etc gefun­den wor­den, die sel­ten und geschützt sind, aber irgend­wie über­all dort gefun­den wer­den, wo Stra­ßen gebaut wer­den sollen…

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