Selbst ich muss immer wieder staunen -
Auf dem Roque de los Muchachos auf La Palma lebt Natur und Wissenschaft in harmonischer Zweisamkeit zusammen.
Auch wenn das so mancher Umweltschützer nicht immer wahrhaben will, funktioniert die Kombination in mehr als 2400 Meter Höhe weit über den Wolken.
Jetzt im Monat Mai erstrahlen die Blüten der Natternköpfe in ihrer vollen Pracht. Die blau/ violett blühende Tajinaste Echium wildpretii ist ein endemisches Gewächs das nur noch auf La Palma vorkommt. Die rosa Variante wächst am Teide auf der Nachbarinsel Teneriffa.
Bis zu drei Meter hoch bilden die Pflanzen an manchen Stellen am Nordwest Abhang einen richtig kleinen Wald. In gut einer Woche dürften sich alle Blüten geöffnet haben und einen noch spektakuläreren Anblick bieten.
Nur in großer Höhe findet der Natternkopf die idealen Voraussetzungen. Genauso wie die Astronomen nur hier die besten Möglichkeiten zur Beobachtung auf der nördlichen Erdhalbkugel finden.
Natur und Wissenschaft ganz eng beieinander
Selbst wenn der Kontrast zwischen Hightech-Teleskop und fast ausgestorbener Urpflanze nicht größer sein könnte, findet der Botaniker seltene Pflanzen und der Astrophysiker direkt daneben seine Sterne. Keine lebenswichtige Symbiose, aber ein schonender Umgang und eine gegenseitige Akzeptanz beider Fachrichtungen.
Blüht hier der Natternkopf, wächst daneben der Prototyp des Large Size Teleskope (LST) weiter in den Himmel.
Fast alle der 196 Spezialspiegel (Stückpreis ca. 4000 Euro) werden bis Ende nächster Woche in luftiger Höhe montiert sein. Wie mir der Projektleiter des Max-Planck-Institut erklärte, folgen anschließend die Stellmotoren für jedes einzelne Segment durch eine französische Firma.
Bis Ende Juni soll der Spiegel des japanischen Gammastrahlen-Teleskop komplettiert sein. Dann folgt die Infrastruktur mit Verkabelung, Einrichtung der Leitstelle, Justierung und die Testphase.
Zwei ähnlich große Teleskope und 15 kleinere Spiegel werden anschließend folgen. Ein riesiges Projekt über das ich schon mehrfach geschrieben habe – siehe „Reizvolle Tradition und erregende Hightech“ und „Gammastrahlen-Teleskop für La Palma“
Astrophysik ist ein eine saubere Technologie. Es sind wohl bauliche Projekte wie Kuppeln, Gebäude und Strassen notwendig, aber der Betrieb ist emissionsfrei und ein attraktiver Touristenmagnet. Obwohl ich oft privat oder mit Gästen auf dem Roque bin, fasziniert mich immer wieder jeder neue Besuch. Routine oder Langweile kommt über den Wolken niemals auf. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken.
Für interessierte Gäste und Residenten ist also jetzt genau die Zeit einen Abstecher auf den Roque de los Muchachos zu unternehmen. Die Fahrtzeit ab Santa Cruz de La Palma beträgt eine Stunde. Von Los Llanos über die Westroute bei Puntagorda/ Garafia knapp zwei Stunden. Wer sich zunächst nur etwas einlesen möchte, sei mein Buch „La Palma – Rätselhafte Insel“ empfohlen.
In den nächsten Tagen folgt noch etwas zum im Bau befindlichen Besucherzentrum auf dem Roque de los Muchachos.
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