Tickende Zeitbombe treibt auf Gran Canaria zu -
Gestern hat die Generaldirektion für Sicherheit der Kanaren den Notfallplan im Katastrophenfall in Kraft gesetzt.
Die mit einer großen Menge von 42.654 Tonnen Ammoniumnitrat beladene und manövrierunfähige CHESHIRE treibt auf die Küsten von Gran Canaria zu (Foto Gobierno).
Nur noch 14 Seemeilen trennen das Schiff von Gran Canaria. Der beliebten Badeort Maspalomas im Süden der Insel liegt dem Unglücksfrachter am nächsten.
Innerhalb von 24 Stunden ist die CHESHIRE von ihrem Standort 40 Seemeilen süd/westlich auf 14 Seemeilen an die Küste heran getrieben worden. Ab 12 Seemeilen um die Insel beginnt die Sperrzone und damit das spanische Hoheitsgebiet. Die Betreiberfirma Bibby Line hat bisher keine Anstalten unternommen ihr Schiff zu stoppen und das weitere Abdriften auf die Kanarische Küste zu unterbinden. Bisher wurden der Kanarischen Regierung auch keine Informationen oder Unterlagen zum Zustand der Ladung und des ausgebrannten Schiffes übermittelt.
Notfallplan soll Umweltverschmutzung eingrenzen
Mit dem besonderen Notfallplan für Meeresverschmutzung (PECMAR) will man in der Lage sein im Falle eines Falles schnell reagieren zu können. 42.000 Tonnen Ammoniumnitrat können beim Bersten oder Sinken des Schiffes große Meeresgebiete und viele Strände verseuchen. Auch die in der CHESHIRE noch verbliebenen Treibstoffvorräte sind unbekannt.
„Wir sind besorgt über die Belastung die das Schiff bringen kann. Der Zustand in dem er sich befindet, seine Zusammensetzung und vor allem die Absicht in einem Hafen des Archipels andocken zu wollen“ – sagte die zuständige Ministerin Nieves Lady Barreto (ehemals Bürgermeisterin meiner Heimatgemeinde Mazo/ La Palma).
Alles sieht nach einem Kräftemessen zwischen dem Betreiber und der Kanarischen Regierung aus. Bibby Line möchte sein Schiff in einen Kanarischen Hafen schleppen um es näher zu untersuchen und wahrscheinlich den noch vorhandenen Dünger zu retten. Die Regierung ist für den Schutz der Bewohner und der Gäste verantwortlich und lehnt zum gegenwärtigen Zeitpunkt dieses Ansinnen ab.
Technisch dürfte es für die Bergungsfirma Resolve Marine kein großes Problem sein den Massengutfrachter weiter auf das offene Meer zu schleppen. Das hat die Firma bereits in der heißen Phase von El Hierro nach Gran Canaria bewiesen. Aktuell hängt der Notfall Frachter wieder am Schlepper VB Hispania und scheint doch etwas weiter von der Sperrzone weggezogen zu werden.
Damit ist das Problem aber nicht gelöst. Es müssen auch die technischen Voraussetzungen für ein Entladen dieser großen Menge von Ammoniumnitrat vorhanden sein. Und diese Anlagen stehen nur in den Häfen von Las Palmas de Gran Canaria oder Santa Cruz de Tenerife zur Verfügung.
Ideal wäre es die tickende Zeitbombe an den Haken zu nehmen und bis vor die Haustüre der Reederei nach Liverpool zu ziehen. Praktisch aber unmöglich. Wenn es um das Geschäft und Geld geht, fallen alle Bedenken und der Mensch und die Umwelt wird zu einer beliebigen Jonglier-Masse. Mit den auftretenden Problemen dürfen sich dann die Menschen der Anrainer-Inseln beschäftigen.
Erdbeben, Knall oder Explosion
…und dann war noch etwas höchst „Sonderbares“.
Am Abend des 29. August um 19.36 Uhr (Ortszeit) registrierten die Seismografen rund 90 km südwestlich von El Hierro eine Erschütterung von ML3,7.
Zunächst von der IGN als Erdbeben eingestuft – später jedoch wieder verworfen und alle Daten gelöscht. Diese Erschütterung wurde auch von den Geräten der EMSC in Potsdam aufgezeichnet.
Fast genau an der Stelle wo vor Tagen noch die brennende CHESHIRE lag. Wenn es kein Erdbeben war, was hat dann diesen Knall verursacht? Die Explosion eines zurückgelassenen Sprengsatzes, eine Seemine oder eine Kollision?
Antworten gibt es bisher keine. In den nächsten Tagen vielleicht dazu einiges mehr.
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