Wenn diese Riesen sprechen könnten - Teil 6 -
Ein Hain von Drachenbäume empfängt uns heute in La Tosca. Hochbetagte Gewächse, die sicher schon seit Jahrhunderten auf unseren Besuch gewartet haben. Auf unserer Sommertour 2019 sind wir unterhalb der LP-1 im westlichen Gemarkungsgebiet von Barlovento angelangt.
Vieles könnten die Drachenbäume aus der grauen Vorzeit erzählen. Zur Zeit der Ureinwohner (Guanchen) standen sie bereits an ihrem Platz. Lockere 1.000 Jahre kann dieser Baum alt werden. Der Weiler La Tosca gilt neben den Cuevas de Buracas im Nordwesten von La Palma, als die bedeutendste Drago-Ansammlung der Kanaren.
Drachenbäume die nur Blümchen sind
Der Drago (Dracaena) ist natürlich kein normaler Baum, wie die deutsche Bezeichnung "Drachenbaum" auf den ersten Blick suggerieren möchte. Ein Blümchen aus der Familie der Spargelgewächse ist seine botanische Herkunft. Zugegeben ein übergroßer und dicker Spargel, dessen Alter sich nur abschätzen lässt. Die fehlenden Ringe im Stamm lassen eine genauere Datierung nicht zu. Alte Chroniken und Aufzeichnungen vom Franziskanermönch Abreu Galindo erwähnen schon in der Frühzeit diese Dragos im Nordosten.
Veteranen die schon von den Guanchen geachtet und verehrt wurden. Opfergaben wurden zu Ehren der Götter am Stamm der Dragos dargebracht. Der weibliche Drachen (griechisch drákaina) aus dem sich nach Abschlagen eines Triebes gleich mehrere neue Verzweigungen oder mehrere neue Drachenköpfe entwickeln, könnte bei der Namensgebung Pate gestanden haben.
Während der Zeit der Guanchen hießen die Drachenbäume sicher anders. Verbindungen zu den Altgriechen wurden bisher nicht nachgewiesen. Vielleicht hatte doch Homers Atlantis einen Bezug auf die Kanaren. Dann wäre manches zu erklären. Wer mehr dazu wissen möchte: La Palma-Rätselhafte Insel
Nur alle 15 bis 20 Jahre bequemt sich der Drago zur Blüte. Er muss nicht wie so manches Wüstenblümchen innerhalb von Stunden für Nachwuchs sorgen. Dafür hat der alte Kamerad genügend Zeit. Die sprichwörtliche "palmerische Gelassenheit" scheint auch vom Drago entlehnt zu sein.
Der Drago ist ein Luftwurzler. Die vielen frei hängenden Wurzeln am Stamm scheinen planlos in die Luft zu wachsen (siehe Foto). Über diese Wurzeln saugt der Drago sein Wasser. Eine hohe Luftfeuchtigkeit, wie auf La Palma (Sommer/Winter immer rund 65 %), sind das Lebenselixier dieser "Baumriesen".
„Drachenblut“ so wertvoll wie Gold
Im Stamm zirkuliert ein farbloser Pflanzensaft. Abgezapft und der Luft ausgesetzt, gerinnt er in wenigen Stunden zu einem dunkelroten Harz - dem Drachenblut. Früher ein heißbegehrter Saft zum Färben, Mumifizieren oder als heilsame Medizin. Vorwiegend eingesetzt zur Zahnbehandlung oder bei Knochenbrüchen.
Noch begehrter bei den männlichen Guanchen. In kleinen Mengen getrunken, soll es seine ganze Wucht und Kraft entfaltet haben. Das erste Viagra der Guanchen verlieh Flügel. Heute stehen die Dragos unter Naturschutz und dürfen nicht mehr angebohrt werden (nur als kleiner Hinweis).
Es ließe sich noch einiges mehr zu den Dragos erzählen. Wir werden uns nun aber in der Fortsetzung dem nahen Ort Gallegos zuwenden.
Kommentar hinterlassen zu "Uralte Drachenbäume aus der Guanchenzeit"